Ein geplanter Auftritt des ehemaligen Bundesbankers
Thilo Sarrazin spaltet die evangelische Kirche in Sachsen-Anhalt.
Nachdem Sarrazin im Februar zunächst ausgeladen worden war, darf er
am kommenden Donnerstag nun doch in der Halberstädter Moritzkirche
über seine umstrittenen Thesen zu Einwanderern und Demographie
sprechen – auf Einladung des Evangelischen Kirchspiels. Wie die in
Halle erscheinende „Mitteldeutsche Zeitung“ (Dienstagausgabe)
berichtet, haben mehrere Mitarbeiter der Evangelischen Kirche
Mitteldeutschlands in einem offenen Brief scharfe Kritik an den
beiden verantwortlichen Pfarrern geübt: „Die Kirche darf einem Autor,
der populistische, sozialdarwinistische und in Teilen rassistische
Positionen vertritt, kein Podium bieten, auf welchem er ohne
Widerspruch seine Thesen darlegen kann“, heißt es in dem Brief.
Sarrazin sollte zunächst drei Wochen vor der Landtagswahl im März
mit den Pfarrern Harald Kunze und Hartmut Bartmuß diskutieren.
Kurzfristig war der Termin auf Intervention von Landesbischöfin Ilse
Junkermann gekippt worden, um der rechtsextremen NPD im Wahlkampf
kein Podium zu bieten. Die Partei hatte den Abend bereits auf ihrer
Homepage angekündigt und Sarrazin als „Wahlkampfhelfer“ begrüßt.
Mittlerweile hat der Gemeindekirchenrat beschlossen, Sarrazin
wieder einzuladen. Bei den Unterzeichnern des offenen Briefes stößt
das auf scharfe Kritik: „Uns stört, dass niemand mit auf dem Podium
sitzen wird, der Herrn Sarrazin Paroli bietet“, sagte Friedrich
Kramer, Direktor der Evangelischen Akademie Sachsen-Anhalt in
Wittenberg, der Zeitung. In dem Schreiben heißt es, es gehe nicht um
ein Redeverbot für den Ex-Bundesbanker. Es sei aber möglich, „für
einen kritischen Diskurs seiner Thesen durch die Anwesenheit eines
kompetenten Gesprächspartners zu sorgen“.
Die Pfarrer reagierten empört auf die Kritik. „Man unterstellt
uns, wir seien unfähig“, schimpfte Bartmuß, der mit Sarrazin „ein
faires Gespräch mit vielen kritischen Anfragen“ ankündigte. Kunze und
Bartmuß beklagten auch, niemand der Unterzeichner habe bisher das
Gespräch mit ihnen gesucht.
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Mitteldeutsche Zeitung
Hartmut Augustin
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