Mitteldeutsche Zeitung: Politik Zu wenig Naturschutzgebiete – EU verklagt Deutschland

Jahrelange Versäumnisse bei der Ausweisung und dem
Erhalt von Naturschutzgebieten könnten für Deutschland jetzt teuer
werden: Die Europäische Kommission hat nach Informationen der in
Halle erscheinenden „Mitteldeutschen Zeitung“ (Mittwoch-Ausgabe) ein
Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik eingeleitet. In
einem der Zeitung vorliegenden Schreiben von EU-Umweltkommissar
Karmenu Vella an Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD)
droht die Kommission der Bundesrepublik mit einer Klage vor dem
Europäischen Gerichtshof. Ein Sprecher des Bundesumweltministeriums
bestätigte die Eröffnung eines Vertragsverletzungsverfahrens durch
die EU-Kommission und sagte, dass bei einer Verurteilung Deutschland
in letzter Konsequenz zu Zwangsgeldzahlungen verurteilt werden
könnte. Um die Tier- und Pflanzenwelt in Europa zu schützen und eine
weitere Verschlechterung der herrschenden Lebensbedingungen zu
verhindern, sind alle EU-Mitgliedsstaaten aufgerufen,
Vogelschutzgebiete und sogenannte Flora-Fauna-Habitate (FFH)
auszuweisen. Diese FFH- und Vogelschutzgebiete sollen im Projekt
Natura 2000 europaweit miteinander vernetzt werden, um den
Artenaustausch zu ermöglichen. Die sechsjährige Frist für die
Ausweisung dieser Natura-2000-Flächen war ursprünglich bereits im
Jahr 2010 ausgelaufen. Doch nahezu 2 800 von 4 700 Schutzgebieten in
Deutschland wurden nicht in dieser Frist ausgewiesen; für mehr als
die Hälfte, nämlich 2 663 Schutzgebiete, hat Deutschland bis heute
keine Maßnahmen zum Erhalt des Schutzstatus benannt. Die
Bundesrepublik will die Versäumnisse zwar beseitigen – sich dafür
aber bis 2022 Zeit lassen. „Für die Kommission ist diese Zeitplanung
nicht akzeptabel“, teilte EU-Kommissar Vella mit.

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Hartmut Augustin
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