Mitteldeutsche Zeitung: Sachsen-Anhalt/Politik Kritik an reichster Krankenkasse Deutschlands: Zahlt AOK Sachsen-Anhalt zu niedrige Vergütungen?

Pflegedienste beklagen ein „existenzbedrohendes
Preisregime“ der AOK Sachsen-Anhalt. „Wenn nicht bald etwas
passiert, setzt in absehbarer Zeit ein Pflegedienststerben ein“,
sagte Ulrike Ziemer, Mitglied im Landesvorstand des Verbandes
Deutscher Alten- und Behindertenhilfe (VDAB), der in Halle
erscheinenden Mitteldeutschen Zeitung (Mittwochausgabe). Speziell
Leistungen der häuslichen Krankenpflege werden laut VDAB, der rund
100 Unternehmer im Land vertritt, unzureichend vergütet. Deshalb
falle es den Betreibern immer schwerer, ihre Angestellten
angemessen zu vergüten. Gutes Personal wandere häufig ab.

Für eine Insulingabe beispielsweise zahlt die AOK, mit rund 765
000 Versicherten die größte Kasse im Land, 4,42 Euro. Und die
Fahrtkosten seien bei der AOK mit 2,58 Euro für eine Hin- und
Rückfahrt so knapp bemessen, dass es unwirtschaftlich sei, Patienten
zu versorgen, die weiter als drei Kilometer vom Sitz des
Pflegedienstes entfernt wohnten. „Eigentlich müssten wir das
ablehnen“, sagt Ziemer. Im VDAB stößt die Preispolitik umso mehr
auf Unverständnis, da sie AOK Sachsen-Anhalt einiges Vermögen
aufweisen kann. Laut Bundesanzeiger hatte 2016 keine andere Kasse in
Deutschland höhere Rücklagen pro Versicherten – knapp 340 Euro. Zum
Vergleich: bei der Techniker Krankenkasse waren es etwa 108 und bei
der Barmer 78 Euro. Im Sozialministerium ist das Problem, das im
Übrigen nicht nur die Pflegedienste betrifft, bekannt. „Ich kann
verstehen, dass die Leistungserbringer Nachbesserungen einfordern“,
sagte Ministerin Petra Grimm-Benne (SPD) der Zeitung. Es sei
darüber schon mehrfach mit AOK-Vorstand Ralf Dralle gesprochen
worden. „Die Honorarvereinbarungen mit den Pflegekräften, den
Physiotherapeuten, Logopäden und anderen Leistungserbringern müssen
so gestaltet sein, dass gute Arbeit auch auskömmlich finanziert
wird“, fügte sie hinzu. Die AOK Sachsen-Anhalt selbst beteuert, dass
sie für eine „faire und auskömmliche Vergütung“ sei. Der Sprecher
verweist gleichzeitig darauf, dass ein Schiedsverfahren aus den
Jahren 2014 und 2015 Basis für die aktuellen Preise sei. Diese
seien von zwei unabhängigen Schiedspersonen als „auskömmlich“
bewertet und festgelegt worden. „Die Preise wurden von allen
Verbänden akzeptiert und vertraglich geeint“, heißt es.

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