Das von der Stasi-Unterlagen-Behörde bei dem
Berliner Fachanwalt Johannes Weberling in Auftrag gegebene Gutachten
über die 47 in der Behörde tätigen ehemaligen Stasi-Mitarbeiter kommt
zu dem Schluss, dass deren Versetzung möglich ist. Das berichtet die
in Halle erscheinende „Mitteldeutsche Zeitung“ (Samstag-Ausgabe).
„Natürlich kann Jahn da was machen“, sagte ein am Verfahren
Beteiligter dem Blatt. „Das Ergebnis ist eindeutig.“ Das Gutachten
zeige entsprechende Wege auf und erkläre Umsetzungen in andere
Bundesbehörden oder Ministerien für rechtmäßig, schreibt das Blatt
unter Berufung auf Behörden- und Bundestagskreise. Aus der Behörde
verlautet, einzelne Ex-Stasi-Mitarbeiter hätten ihre Bereitschaft zum
Ausscheiden bereits signalisiert. Doch es gebe hier „nichts
Konkretes“. In jedem Fall sei die Sache „sensibel; das muss geprüft
werden“. Über eine Veröffentlichung des Gutachtens, das ihm seit
einer Woche vorliegt, hat Behörden-Leiter Roland Jahn noch nicht
entschieden. Offenbar überlegt die Behörden-Spitze, wie sie das
Gutachten konkret umsetzen kann. Der Sprecher der
FDP-Bundestagsfraktion für den Aufbau Ost, Patrick Kurth, sagte der
„Mitteldeutschen Zeitung“ unterdessen: „Das Ziel der Koalition ist
es, Roland Jahn in seinen Bemühungen zu unterstützen. Wir wollen das
gesichtswahrend für die Betroffenen machen. Nach 20 Jahren kann man
keine Inquisition durchführen. Aber wir wollen dafür sorgen, dass die
Behörde sauber ist.“ Wenn das Ziel nicht zu 100 Prozent erreicht
werde, dann sei das kein Beinbruch, fügte Kurth hinzu. „Wenn nur 30
gehen, dann gehen nur 30.“ 17 frühere Stasi-Mitarbeiter in der
Stasi-Unterlagen-Behörde seien besser als 47. Und Jahn sei der erste,
der das Problem überhaupt anpacke. Seine Vorgänger Joachim Gauck und
Marianne Birthler hätten dies versäumt. Jahn hatte das Thema in
seiner Antrittsrede am 14. März angesprochen und erklärt, die
Beschäftigung von 47 ehemaligen Stasi-Mitarbeitern in dem mehr als
1500-köpfigen Apparat sei „ein Schlag ins Gesicht der Opfer“. Das
dürfe so nicht bleiben. Über die Möglichkeit, dies zu ändern, sagte
er: „Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.“ Es handelt sich um
Menschen, die in Kenntnis ihrer Verstrickung eingestellt wurden und
heute überwiegend als Pförtner, vereinzelt auch als Archivare tätig
sind. Jahns Äußerungen hatten teilweise für massive Kritik gesorgt,
unter anderem seitens des Vorsitzenden des Behörden-Beirates, Richard
Schröder. Es hieß, er verletzte den Rechtsstaat. Der innenpolitische
Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz, monierte,
Jahn habe „Schaum vorm Mund“. Wiefelspütz nahm dies später aber
wieder zurück.
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Hartmut Augustin
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