Mitteldeutsche Zeitung: zu Merkel und Fehlerbekenntnissen in der Politik

Merkels Fehler gehört zu einer anderen Kategorie, zu
der der Fehler in der politischen Bewertung. Es gibt die Erkenntnis,
dass ein Kurswechsel nötig ist, dass man sich inhaltlich getäuscht
hat. Wenn das nicht im Tagesrhythmus passiert, wenn es kein rein
taktisches Verhalten ist und nicht der Eindruck entsteht, da habe
jemand über seine wahren Absichten hinweggetäuscht, ist ein
Fehlereingeständnis kein Ausdruck von Schwäche, sondern von
Wahrhaftigkeit und Stärke. Durchgesetzt hat sich das nicht: Wenn in
der Politik umgesteuert wird, dann meist ohne Ansage oder mit dem
Hinweis, es handele sich um eine „Fortentwicklung“ einer Position –
und nicht deren Korrektur. Bei Merkel spricht viel für ein ganz
eigenes Kalkül: Mit ihrem Fehlereingeständnis begegnet sie dem
Vorwurf der politischen Sturheit, der ihr in der Flüchtlingspolitik
gemacht wird. Es ist auch der Versuch, Wahrhaftigkeit als
Markenzeichen auszubauen. Es wäre nicht das schlechteste.

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