Vor der Kapitulation
Das Sterben geht auch am neunten Jahrestag des Afghanistan-Krieges
weiter. Wieder wurden Bundeswehreinheiten ins Terrorvisier genommen.
Und nicht nur die Hinterbliebenen fragen: Wofür? Ist der Blutzoll
nicht viel zu hoch? Mehr als 2100 westliche Soldaten sind am
Hindukusch bislang gefallen, fast 600 von ihnen in 2010 – das bisher
blutigste Kriegsjahr. Die Lage in Afghanistan ist außer Kontrolle.
Die Taliban beherrschen wieder größere Gebiete als die korrupte
Regierung in Kabul. Noch schlimmer: Weder UNO noch NATO oder die USA
haben eine Erfolgsstrategie. Von den einstigen Zielen wie Demokratie
und Frauenrechten spricht ohnehin niemand mehr.
Nicht nur in Deutschland, auch in Großbritannien und den
Vereinigten Staaten fordert eine Mehrheit den Rückzug. US-Präsident
Obama hat seine Truppenaufstockung deshalb mit dem Versprechen
verknüpft, 2011 den Abzug einzuleiten. So untergräbt Obama aus
innenpolitischen Gründen selbst seine Kriegsführung. Die
Radikalislamisten wissen: Sie müssen nur noch warten, bis ihr Feind
zermürbt ist. Dass „moderate Taliban“ zu Friedensverhandlungen bereit
sind, wie Präsident Karsai behauptet, dürfte Propaganda sein. Denn es
gibt keine braven Extremisten. Wenn es zu Gesprächen mit der
Taliban-Führung kommt, wird insgeheim die Kapitulation verhandelt –
die des Westens.
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