Maßlose und irrwitzige Strafe
Es ist eine harte, irrwitzige Strafe, die ein Pariser Gericht
gegen Jérôme Kerviel verhängt hat. Denn natürlich kann der ehemalige
Börsenhändler niemals im Leben 4,9 Milliarden Euro Schadenersatz
zahlen. Bei seinem derzeitigen Einkommen als Berater bräuchte er
dafür 178 000 Jahre, ohne auch nur einen einzigen Cent für sich
selbst behalten zu können!
Fast scheint es so, als ob die Maßlosigkeit, mit der Kerviel bis
zum Platzen der Spekulationsblasen an den Börsen gezockt hat, das
Gericht angesteckt hätte. Denn abschreckend oder erzieherisch wirken
solche der Realität Hohn sprechenden Strafen nicht.
Auch nach dem Urteil bleiben zentrale Fragen unbeantwortet.
Natürlich hat Kerviel schwere Schuld auf sich geladen – etwa weil er
Unterschriften fälschte und mit bis zu 50 Milliarden Euro jonglierte,
obwohl er maximal 125 Millionen Euro hätte einsetzen dürfen. Doch
zugleich überrascht, dass Untersuchungsberichte über umfassende
Organisations- und Kontrollmängel bei der Société Générale nicht ins
Urteil eingeflossen sind.
Ein kleiner Börsenhändler bringt eine Großbank an den Rand des
Ruins: Das ist nur möglich, wenn rund um ihn herum kriminelle
Fahrlässigkeit und Geldgier herrschen. Nicht allein Jérôme Kerviel
gehört auf die Anklagebank. Zudem müssten auch viele Verantwortliche
in Wirtschaft und Politik Rechenschaft ablegen, die jahrelang ein
mieses Spiel mit immer riskanteren Geldanlagen betrieben oder
gefördert haben.
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