Lehren gefragt
Stopp. Bevor der Alltag die Umstände der Bundespräsidentenwahl in
den Hintergrund drängt, gilt es, Tatsachen festzuhalten. Christian
Wulff ist der eindeutige Gewinner. Jeder Politik-Professor könnte
seinen Studenten anhand dieses Fallbeispiels erklären, dass klare
Regeln gegriffen haben: Überwindet ein Kandidat im ersten und zweiten
Wahlgang nicht die Hürde der absoluten Mehrheit, reicht im dritten
Anlauf die einfache. Der dritte Wahlgang katapultierte Wulff ins
Schloss Bellevue, sogar mit einer absoluten Mehrheit. Lehrreich wird
es nach den Erfahrungen in Berlin jetzt in Nordrhein-Westfalen.
Hier will sich Hannelore Kraft zur Chefin einer rot-grünen
Minderheitsregierung wählen lassen. Der große Unterschied zu Wulff:
Die SPD-Frau kann im ersten Wahlgang ohne Unterstützung der Linken
die benötigte absolute Mehrheit nicht erreichen, um den
geschäftsführenden CDU-Ministerpräsidenten Rüttgers abzulösen. Kraft
setzt auf die relative Mehrheit in einem weiteren Durchgang. Das
chaotische Auftreten der Linkspartei in der Bundesversammlung wird
wohl nicht reichen, um Rot-Grün an Rhein und Ruhr zu beeindrucken.
Lehren sind nicht gefragt im Kampf um die Macht. Für Wulff ist das
alles bedeutungslos. Er kann zum Präsidenten der Deutschen
heranwachsen. Seine schärfste Waffe ist das klare Wort. Kanzlerin
Merkel wird dies merken, wenn sie das Wahldebakel aufgearbeitet hat.
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