Blankoscheck aus Brüssel
Der milliardenschwere Ausbau des europäischen Energienetzes ist
nicht nur überfällig, sondern zählt auch zu den teuersten Projekten
in der EU-Geschichte. Dass die Verbraucher bei der Investition in
neue Leitungen ungeschoren davonkommen würden, war nicht zu erwarten.
Doch es macht einen Unterschied, ob die Kilowattstunde bis zu zwei
Cent mehr kostet oder lediglich 0,5 Cent. EU-Kommissar Günther
Oettinger und Verbraucherschützer liegen mit ihren Prognosen weit
auseinander. Beachtlich ist auch, dass der Schwabe den
Energieversorgern einen Teil des Strompreises für die Bildung von
Rücklagen zugestehen möchte. Das mutet beinahe wie ein Blankoscheck
für Preiserhöhungen an.
Ins Bild passt, dass Oettinger auf die Tränendrüse drückt und
behauptet, den Energielieferanten gehe es gar nicht so gut. Falls es
in Vergessenheit geraten sein sollte: Die großen vier, Eon,
Vattenfall, EnBW und RWE, verfügen über ein Portfolio, das Kernkraft
beinhaltet. Ein AKW spült pro Tag rund eine Million Euro in die
Kassen. Die AKW-Laufzeitverlängerung bedeutet Zusatzgewinne. Ökostrom
gilt als Profitbremse, weil er nach Gesetz vor dem Atomstrom ins Netz
gespeist werden muss. Auch deswegen zierten sich die Konzerne beim
Ausbau von Leitungen etwa für Offshore-Strom. Damit muss Schluss
sein. Ein Freibrief für unverfrorenes Drehen an der Preisschraube ist
das aber nicht.
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