Kein Ruhmesblatt
Von einem „langen und anstrengenden Prozess“, Banken an die
Kandare zu nehmen, spricht der frühere Chef der US-Notenbank, Paul
Volcker. Immerhin: Eine von ihm entwickelte Regel soll jetzt in
seiner Heimat verhindern, dass Geldhäuser sogar mit staatlichen
Hilfsgeldern zocken – und auch in Europa tut sich was.
Seit dem Ausbruch der Finanzkrise sind nun schon sechs Jahre
vergangen, ihre Entstehung liegt viel weiter zurück. Doch noch zu
Beginn dieses Jahres reagierte Europas Politik so stümperhaft auf die
Schieflage zyprischer Banken, als ob das Desaster gerade erst
begonnen habe. Kleinsparer mussten die Enteignung fürchten.
Nun sieht es so aus, als könnte der EU-Gipfel kommende Woche die
Vollendung der Bankenunion feiern. Ob dabei an die 1600 Milliarden
Euro erinnert wird, die EU-Länder in der Finanzkrise in ihre maroden
Banken pumpen mussten, ist fraglich. Auch weil das neue System zur
Abwicklung solcher Institute ein Jahr später kommt als geplant,
handelt es sich nicht um ein Ruhmesblatt europäischer Politik.
Doch besser zu spät als gar nicht. Darüber, dass Aktionäre und
Gläubiger bei Notlagen von Banken vorrangig zur Kasse gebeten werden
müssen, kann es keinen Streit geben. Wohl aber über den Weg zu diesem
Ziel. Und auch der wird noch lang genug werden, wie die
Zehn-Jahres-Übergangsfrist zu einem wirklich gemeinsamen
Abwicklungsfonds beweist.
Norbert Meyer
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