Mister Machtlos
   Der Fall Syrien zeigt, dass hohe Brüsseler Ämter wenig bringen, 
sofern die EU-Staaten untereinander uneins sind. Denn obgleich sich 
seit Jahren ein Top-Vertreter um eine gemeinsame Außen- und 
Sicherheitspolitik sorgt und über einen sündhaft teuren 
diplomatischen Dienst gebietet, war die Union beim Umgang mit einem 
internationalen Konflikt selten so gespalten wie diese Woche in der 
Frage der Waffenlieferungen.
   In der Finanz- und Währungspolitik wäre es kaum anders, dürfte 
sich jemand dauerhaft und hauptamtlich Chef der Euro-Gruppe nennen. 
Frankreichs Staatspräsident François Hollande hat unmittelbar vor dem
jetzigen Besuch der deutschen Kanzlerin klargemacht, was er 
beispielsweise von Brüsseler Sparvorschlägen hält: gar nichts. Und in
Deutschland wacht das Parlament mit Argusaugen über seine 
haushaltspolitische Hoheit. Ein dauerhafter Vorsitzender der 
Euro-Gruppe wäre also alles Mögliche, aber kein starker Wächter über 
die nationalen Finanzen; kein Mister Euro, sondern ein Mister 
Machtlos.
   Der Vorschlag, ein solches Amt zu installieren, ist daher 
vorrangig als Kniff von Angela Merkel und Hollande zu werten. Weil 
ihre gegensätzlichen Positionen einer inhaltlichen Einigung 
entgegenstehen, beide aber dennoch ein passabel erscheinendes 
Ergebnis ihrer Gespräche auf den Tisch legen wollten, einigten sie 
sich auf eine rein formale Forderung. Effekt: null.
Burkhard Ewert
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