Merkel gegen Euro-Bondage
Den Ruf als echte Europäerin wird sich Angela Merkel nicht mehr
erarbeiten. Zu oft widersteht die Bundeskanzlerin den verlockenden
Gelegenheiten, als Vordenkerin oder Retterin der EU aufzutreten.
Dadurch verstimmte sie zuletzt die Griechen und nun Jean-Claude
Juncker. Der Vorwurf: Deutsche Interessen seien ihr wichtiger als der
gemeinsame Erfolg Europas. Ganz so einfach macht es sich Merkel
nicht.
Richtig ist: Euro-Bonds sind nicht im deutschen Interesse. Ein
„Bond“ kann aus dem Englischen mit „Anleihe“ übersetzt werden, und so
ist es gemeint. Als Verb bedeutet „to bond“ aber auch, etwas zu
verbinden, zu kleben oder gar zu fesseln. Und genau davor fürchten
sich Staaten wie Frankreich oder Deutschland. Wenn die EU-Länder eine
gemeinsame Anleihe ausgeben und damit für wirtschaftlich gut stehende
Staaten die Zinsen steigen, dann ist dies ein Schlag gegen den
eigenen Haushalt. Mit gefangen, mit gehangen.
Das wird Merkel einkalkulieren, wenn sie ebenso zu Recht darauf
verweist, dass keine Regelung sinnvoll ist, die zum jetzigen
Zeitpunkt den Druck auf Staaten verringert, bei denen eine
Haushaltskonsolidierung dringend nottut. Schon jetzt glauben die
Deutschen mehrheitlich, sie seien in Europa vor allem dazu da, die
Rechnungen zu bezahlen. Da tut es der Volksseele wohl, wenn die
eigene Regierungschefin hin und wieder deutsche Interessen vertritt.
Andere Staaten müssen lernen, dies zu akzeptieren.
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