Neue OZ: Kommentar zu Europa / Finanzkrise / Eurobonds

Zahlmeister der EU?

Europa steht vor größten Umwälzungen. Nach Griechenland, Portugal
und Irland werden nun Spanien und Italien von den Sünden der
Vergangenheit eingeholt: Die viel gescholtenen Finanzmärkte – hinter
denen sich auch deutsche Spareinlagen verbergen – verlieren den
Glauben, dass die Schuldenländer überlebensfähig sind. Gar Frankreich
gerät unter Druck, wodurch die Finanzierung der EU-Rettungsschirme
erschwert wird. Da Südeuropa Sparprogramme auflegt, droht der EU eine
Wirtschaftsflaute, die kaum bekämpft werden könnte. Dazu fehlt
schlicht das Geld. Zudem befinden sich die Leitzinsen bereits auf
Rekordtief.

Diese beunruhigenden Aussichten führen dazu, dass die deutsche
Regierung überlegt, ein weiteres Tabu zu brechen: Seit die
Europäische Zentralbank kräftig Anleihen kauft und die EU heimlich
zur Transferunion umgewandelt wurde, könnte Deutschland durch
Einführung von Eurobonds zum Zahlmeister Europas werden.

Die Einführung europäischer Anleihen wäre eine Zäsur. Möglich,
dass so die Abwärtsspirale gestoppt wird. Es müssten aber harte
Verträge geschlossen werden. Die Schuldenländer hätten ihr
Haushaltsrecht an einen von den Geberländern kontrollierten
Stabilitätsrat abzugeben. Damit verlören diese Staaten faktisch ihre
Souveränität. Kann Deutschland aber diese Last schultern? Diese Frage
darf die Kanzlerin nicht ohne den Bundestag entscheiden.

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