Neue OZ: Kommentar zu Europa / Finanzkrise / EZB

Beunruhigende Signale

Die Koalition streitet über den jüngsten Vorstoß der Kanzlerin zur
Besteuerung von Finanztransaktionen. Wütend kämpft die FDP dagegen
an. Ihr Vorsitzender Philipp Rösler sorgt sich um Deutschlands Wohl
im internationalen Wettbewerb der Finanzplätze. Befürchtet er, dass
die Banken vor der Steuer in Nicht-Euro-Länder fliehen?

Die Signale aus der Branche legen keinen Schluss auf ein solches
Szenario nahe. Im Gegenteil: Die Geschäftsbanken drängen geradezu ins
Zentrum der Euro-Zone, streben unter die Fittiche der Europäischen
Zentralbank. Von der Frankfurter Währungshüterin versprechen sie sich
Sicherheit. Ihr vertrauen sie Geld an, weil sie kaum jemand anderem
trauen. Ähnliches zeigt der Umgang mit Staatsanleihen: Um Staaten
hoher Bonität Geld leihen zu dürfen, nehmen Banken sogar Abschläge in
Kauf, Sicherheit geht vor. Es scheint, als hätte Angela Merkel ihren
neuen Schachzug bewusst zu einem Zeitpunkt getan, an dem die Banken
sich die Beschränktheit ihres Bewegungsraums besonders deutlich vor
Augen führen.

Grund zu frohlocken ist das nicht, auch nicht für Befürworter
einer Finanztransaktionssteuer. Denn die europäischen Geldinstitute
demonstrieren ihr tiefes Misstrauen gegeneinander mit
besorgniserregender Deutlichkeit. Hiervon, nicht von den Drohungen
der FDP, sollte die Kanzlerin sich beeindrucken lassen.

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