Ein Preis für jeden Einzelnen
   Diese Wahl war richtig. Das zeigen schon die nicht zu überhörenden
kritischen Kommentare, als gestern das Komitee in Oslo die 
Europäische Union als Friedensnobelpreisträger benannte. Denn wer 
sich beispielsweise wundert, wieso ein „bürokratisches, staatliches 
Monster“ und nicht etwa ein engagierter Dissident den Preis erhielt, 
der leidet unter einem verengten Blickfeld.
   Erstens hält er 60 Jahre Frieden im Herzen Europas offenbar für 
selbstverständlich. Aber das sind sie nicht, sondern sie bilden in 
der Geschichte die große Ausnahme. Niemand kann zweifeln, dass dies 
eine Folge der europäischen Einigung ist. Daher tut es gut, dass der 
Nobelpreis diese historische Dimension gerade in Zeiten der Krise 
hervorhebt.
   Zweitens gibt es keinen Grund, den Nobelpreis auf die 
EU-Institutionen und politischen Handlungsträger allein zu beziehen. 
Jeder einzelne Bürger wurde geehrt. Er hatte und hat alltäglich 
seinen Anteil daran, dass die europäische Integration zum Erfolg 
wurde – und so darf sich jeder Einzelne darüber freuen, als Teil der 
EU geehrt worden zu sein.
   Gleichwohl lässt sich der Preis auch als Auftrag verstehen, den 
erreichten Stand nicht zu verspielen. Dies könnte durch eine 
überbordende Brüsseler Machtballung und Bürokratie nämlich ebenso 
geschehen wie durch eine schwindende Solidarität. So wenig die 
positiven Wirkungen der EU sich in der Vergangenheit von selbst 
verstanden, so wenig ist es ausgemacht, dass hier für immer Frieden 
und Freundschaft herrschen.
Pressekontakt:
Neue Osnabrücker Zeitung
Redaktion
Telefon: +49(0)541/310 207
Weitere Informationen unter:
http://