Neue OZ: Kommentar zu Handwerk

Einseitiges Bild

In seltener Eintracht kritisieren Gewerkschafter und
Arbeitgebervertreter den Wegfall der Meisterpflicht im
Fliesenleger-Geschäft. Von Qualitätsverlust und Dumpinglöhnen ist die
Rede. Es ist ein düsteres Bild, das IG BAU und Zen- tralverband des
Deutschen Baugewerbes zeichnen. Aber es ist auch einseitig. Die Welt
nach dem Ende der Meisterpflicht ist sicher nicht perfekt. Das war
sie vor der Reform vor zehn Jahren aber auch nicht. Die Idee, einfach
auszuführende Gewerke wie Fliesenlegen oder Malerarbeiten zu
liberalisieren, bleibt richtig. Denn die Meisterpflicht wurde von
vielen schlicht als Meisterzwang empfunden, der sie dabei behinderte,
mit ihrem Können Geld zu verdienen. Die Gewerbe waren überreguliert
und grenzten viele teilweise sehr gute Anbieter aus.

Dass sich nun auch weniger qualifizierte Handwerker auf den
Märkten bewegen, ist keine Überraschung. Verbraucher haben viele
Möglichkeiten, sich dagegen zu schützen. Sie können sich etwa an
etablierte Betriebe mit gutem Ruf wenden. Das kostet
selbstverständlich mehr, wie auch gute Arbeit auf Baustellen
vergleichsweise teuer ist. Dumpinglöhne in diesem Bereich auf das
Ende des Meisterzwangs zu schieben ist zu einfach. Die Niedriglöhne
haben wesentlich mit Konkurrenten aus dem EU-Ausland zu tun, die für
wenig Geld in Deutschland arbeiten.

Georg Kern

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