Geradezu ironisch
Das Todesurteil gegen Tarik Asis ist ein weiterer Tiefpunkt in der
Bilanz des Nachkriegs-Iraks. Die politische Motivation ist
offensichtlich, die Siegerjustiz klar erkennbar, das Strafmaß
unzivilisiert. Um das zu ändern, war die „Koalition der Willigen“
doch eigentlich angetreten: um im Irak für Recht und Ordnung zu
sorgen, wenn nicht gar für eine lupenreine Demokratie. Mit ihrem
Racheurteil belegen indes Iraks neue Staatsführung und Justiz, dass
sie wenig darauf geben. Und die Amerikaner schließen sich an, indem
sie Asis erst im Sommer an die Maliki-Regierung auslieferten. Dass
dies mit Asis– Tod durch den Strang enden wird, lag von Beginn an im
Bereich des Möglichen.
Asis hat in seinen vielen Ämtern während der Diktatur von Saddam
Hussein fraglos Schuld auf sich geladen. Nach einem erfolglosen
Anschlag auf ihn drängte er etwa auf ein hartes, oft tödliches
Vorgehen gegen die mutmaßlichen Täter. Dennoch stand er auch für das
gemäßigte Gesicht des Iraks. Als Christ, gebildet, humorvoll und
redegewandt, modern und den Freuden des Lebens nicht abgeneigt,
karikierte er gleichsam das trostlos-islamistische Bild, das die
alliierte Propaganda vom Zweistromland zu zeichnen pflegte. Geradezu
ironisch erscheint auch, dass das jetzige Urteil auf dem harten
Vorgehen seines alten Regimes gegen einen politischen Islam fußt.
Beispielhaft stehen Asis und sein bevorstehender Tod somit für die
Idiotie der Invasion und ihrer Folgen.
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