Neue OZ: Kommentar zu Japan / Rating / Regierung

Es geht nur noch um Platz zwei

Das Licht der japanischen Wirtschaft strahlte lange hell. Vor den
Schattenseiten hat die Regierung in Tokio die Augen verschlossen.
Will sie das Vertrauen der Anleger wiedergewinnen, muss sie beweisen,
dass Haushaltsdisziplin und Sparwille keine Lippenbekenntnisse sind.
Die Ratingagentur S&P vertraut noch nicht auf das Konzept der
Regierung und stuft Japan konsequenterweise ab.

Das Land krankt an ähnlichen Problemen wie die Industrienationen
in Europa: Die Menschen werden immer älter, die Verschuldung nimmt
zu, und Einsparungen führen zu Unzufriedenheit in der Bevölkerung.
Auf dem asiatischen Kontinent ist China längst aus der
Herausfordererrolle herausgewachsen. Japan wird sich damit abfinden
müssen, nicht mehr Platz eins unter Asiens Volkswirtschaften zu sein
– für lange Zeit.

Noch sind etwa 90 Prozent der Schulden bei inländischen
Gläubigern. Wenn die Staatsschulden in Zukunft zunehmend aus dem In-
ins Ausland wandern, dürfte der Druck weiter zunehmen. Will die
Regierung dem Land einen Gefallen tun, darf sie die Abstufung durch
S&P nicht einfach ignorieren. Es ist ein wohlmeinender Weckruf, den
die Agentur mit dem Zusatz versehen hat, der Ausblick für Japan sei
„stabil“. Dass es um die USA und Europa teils schlimmer steht, sollte
keine Beruhigung, sondern zusätzliche Motivation sein.

Christian Wopen

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