Neue OZ: Kommentar zu Konjunktur / Bundestag

Wirtschaftswunder zurückzahlen

Wem gehört der Aufschwung? In dieser Frage sind
Wirtschaftsminister Rainer Brüderle und die Opposition naturgemäß
unterschiedlicher Meinung. Einig sind sie sich nur in einem Punkt:
Der Aufschwung geht weiter. Weniger Arbeitslose und weniger
Staatsverschuldung. Dafür mehr Wachstum und mehr Steuereinnahmen.
Nach dem schon brillanten Wirtschaftswachstum im vergangenen Jahr
erlebt Deutschland offensichtlich gerade sein kleines
Wirtschaftswunder.

Dass die kränkelnde Konjunktur aber nur dank enormer Geldspritzen
mit Steuermilliarden gesundet ist, gerät völlig in Vergessenheit: Die
Abwrackprämie, die Zuschüsse zur Kurzarbeit und das
Konjunkturprogramm für die Bauwirtschaft haben das Loch im
Staatshaushalt um viele Milliarden vergrößert.

Jetzt wäre es Zeit, zumindest einen Teil dieser Schulden zu
begleichen, um die Zinsbelastung für die kommenden Jahre zu
reduzieren. Und um die Kredite für das vorfinanzierte
Wirtschaftswunder zurückzuzahlen. Stattdessen wird Brüderle nicht
müde, Steuererleichterungen für den Mittelstand zu fordern. Eine
Forderung, die selbst bei den glänzenden Wirtschaftszahlen dieser
Tage nur wieder mit neuen Schulden finanziert werden kann. Denn der
Minister scheint in seiner Euphorie zu vergessen: Der Staat hat auch
in diesem Jahr nicht mehr Geld zur Verfügung – er wird lediglich
weniger Schulden machen.

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