Neue OZ: Kommentar zu Konjunktur / Einkommen / Reallöhne

Plus kommt nicht an

Die Nachricht von steigenden Reallöhnen wird die schwarz-gelbe
Koalition in den nächsten Tagen als untrüglichen Beweis des
wirtschaftlichen Aufschwungs bezeichnen. Das stimmt aber nur
teilweise.

Die frohe Botschaft aus der Wirtschaft wird nämlich teilweise mit
Schulden finanziert. Zum Plus bei den Reallöhnen haben schließlich
auch die hohen Tarifabschlüsse des vergangenen Jahres beigetragen –
zum Beispiel für die rund 700 000 Beschäftigten der Länder. Dieses
Plus wird nicht mit mehr Gewinn finanziert, sondern aus dem
Steuertopf. Außerdem kommt das Reallohn-Plus bei vielen gar nicht an:
Nur Arbeitnehmer mit vollem Tariflohn haben tatsächlich mehr Geld zur
Verfügung. Die jüngste Krise in der Automobilindustrie zeigt aber
beispielhaft, dass das längst nicht auf alle zutrifft: Kurzarbeit und
der Abbau von Arbeitszeitkonten schmälern bei Hunderttausenden den
Geldbeutel.

Doch die Lage ist nicht nur düster. Es gibt in einigen Branchen
erkennbar die Rückkehr zur Normalität. So werden gerade in der
Banken- und der Versicherungsbranche mittlerweile wieder
übertarifliche Leistungen und erfolgsabhängige Boni gezahlt, die noch
vor einem Jahr oft dem radikalen Sparzwang der Konzerne zum Opfer
gefallen sind. Also: Die Reallöhne steigen – aber längst nicht für
jeden.

Stefan Prinz

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