Sprachliche Schnapsidee
Je länger manche Debatten laufen, umso kurioser werden die Ideen.
Der Wunsch, die deutsche Sprache auf Schulhöfen zur Pflicht zu
erklären, gehört dazu. Denn wünschen kann man sich vieles – es per
Dekret verordnen zu wollen ist eine andere Sache. Hier bedarf es
einer größeren Anstrengung. Erstens wäre eine Pflicht kaum
kontrollierbar. Zweitens, wer es versucht, spielt auf ungute Weise
eine Art Sprech-und-Denk-Polizei. Drittens: Sofern und sobald die
allgemeine Integration funktioniert, erledigt sich das Problem von
alleine.
Toleranz ist dabei übrigens auch gefragt. Als beispielsweise der
großen deutschen Minderheit in Kasachstan die Nutzung ihrer Sprache
in der Öffentlichkeit verboten wurde, galt dies gemeinhin als
Auswuchs stalinistischer Repression. Ähnlich war es in den deutschen
Gebieten, die nach dem Ersten Weltkrieg an Polen fielen. Nun,
andersherum, soll ein solches Vorgehen plötzlich probates Mittel
sein?
Man stelle sich auch vor, ein britischer Austauschschüler würde in
der Pause in seiner Sprache reden: Wäre das auch verboten? Oder gilt
die Regel nur für Türkisch und ist damit auch gleich
Anschauungsunterricht in Sachen Diskriminierung? Das kann ja nicht
sein. Gegen sprachfördernde Schulprojekte spricht nichts, wenn sie
gut gemacht sind. Auch dass Deutsch im Unterricht das Maß der Dinge
sein muss, ist logisch. Was außerhalb der Klasse sprachlich passiert,
kann sich aber nur durch gesellschaftlichen Wandel ändern, nicht
durch Wunschdenken.
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