Neue OZ: Kommentar zu Monarchie / Schweden / Hochzeit

Wohlige Schauer

Andere sind reicher. Andere sind schöner. Andere haben viel mehr
Macht. Wie also kann es sein, dass Könige und Fürsten in Europa auf
solche Anteilnahme stoßen? Speziell, wenn es ums Menschliche geht:
Heiraten, Gebären, Sterben. Und das sogar in Deutschland, das alles
Monarchische vor 92 Jahren hinter sich gelassen hat.

Vordergründig wirkt die totale Exklusivität des Personenkreises so
anziehend. Schließlich führen nur zwei Wege in ihn hinein: Geburt
oder Einheirat. Aber eben kein Geld, nicht einmal ehrlich erworbene
und unbestreitbare Verdienste. Interesse wecken die Königlichen auch
als Maßstab. Versagen sie und machen sich lächerlich, so spenden sie
den Trost, dass noble Geburt und Geld eben doch nicht alles regeln im
Leben. Rettet aber der spanische König Juan Carlos durch seine
Tapferkeit die Demokratie in seinem Land, marschiert der englische
Prinz Henry mit der britischen Infanterie in Afghanistan auf,
unterzieht sich die schwedische Prinzessin Victoria einer überaus
soliden Ausbildung, hat das Vorbildwirkung. Denn jeder weiß: Sie
hätten“s ja nicht nötig.

Aber da ist noch etwas: Die Königshäuser repräsentieren Europas
Geschichte mehr als alles andere. So mag man zwar zu Recht die Nase
rümpfen über manche Überhöhung, manchen Kitsch, wenn heute das
schwedische Kronprinzenpaar an den Traualtar tritt. Aber alle, die
ihnen dabei mit wohligem Schauer zusehen, tun das aus bestem Grund:
Schließlich freuen sie sich nicht nur an einem propperen Paar. Sie
freuen sich zugleich an der Geschichte, die Europa ausmacht und seine
Bürger verbindet.

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