Der unbeliebte Liberale
Guido Westerwelle beteuerte zu Beginn seiner Amtszeit als
Außenminister gelegentlich, er müsse nicht beliebt sein, er sei ja
kein Schlagersänger. Das ist im Kern richtig, auch wenn Deutschlands
oberste Diplomaten oft weit vorne in der Gunst der Wähler rangierten.
Solange er sich um die Interessen der Republik in der Welt kümmert
und im Kabinett als Chef der Liberalen die FDP-Minister stützt, kann
ihm die öffentliche Wertschätzung egal sein.
In seinen eigenen Reihen, in der Partei ist Westerwelles Haltung
grundfalsch. Er braucht die Unterstützung der Basis – 2011 mehr denn
je, um die Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz
mit einem kraftvollen Wahlkampf so gut wie möglich vorzubereiten.
Seine Rolle als Außenminister ist nicht gefährdet. Nach
anfänglichen Unsicherheiten fasst Westerwelle im Ausland Fuß. Als
Parteivorsitzender jedoch steht er unter gewaltigem Druck, betrachtet
man den Absturz von 14,6 Prozent bei der Bundestagswahl vor einem
Jahr auf die fünf Prozent von heute. Die Zustimmung zu Gelb ist auf
das Reservoir der Stammwähler geschrumpft. Enttäuscht sind alle von
der FDP, weil sie ihre vollmundigen Versprechen einer grundlegenden
Steuerreform nicht halten konnte. Gelingt es dem dünnhäutigen
Westerwelle nicht, den Wertekanon des Liberalismus – Weltoffenheit,
Toleranz, Leistungsbereitschaft und Eigenverantwortung –
hochzuhalten, verliert er den Parteivorsitz. Ob er will oder nicht.
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