Mehr schlecht als recht
Arbeit muss sich lohnen; auch Hartz-IV-Empfänger sollen stärkere
Anreize bekommen, eine Beschäftigung aufzunehmen: Gemessen an diesen
ehrgeizigen Vorstellungen der FDP, ist die Koalition bei der
Festlegung neuer Zuverdienstgrenzen für erwerbsfähige
Langzeitarbeitslose kläglich gescheitert. Denn Hartz-IV-Bezieher
dürfen künftig nur maximal 20 Euro mehr behalten als bislang. Und
dies gilt auch lediglich für die kleine Gruppe jener „Aufstocker“,
die mehr als 800 Euro im Monat hinzuverdienen, gerade einmal 300 000
Menschen. Große Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt sind mithin nicht
zu erwarten. Stattdessen kann man die Neuerung als weitgehend
nutzlose Mini-Reform abhaken. Im Wesentlichen ging es wohl darum, der
FDP eine Gesichtswahrung zu ermöglichen. Das ist mehr schlecht als
recht geschehen. Die Koalitionsabsprache hat freilich auch etwas
Gutes. Sie lenkt den Blick auf ein brisantes Thema: Dumping und
Subventionen im Niedriglohnbereich. Klar ist, je mehr Kombilöhne es
gibt, desto größer wird die Versuchung für den Arbeitgeber, nur noch
wenig Geld anzubieten und den Rest des Entgelts dem Steuerzahler
aufzubürden.
Der Niedriglohnsektor wird somit nicht aufgemischt, sondern
zementiert. Und Hunderttausende bleiben auf öffentliche Hilfe
angewiesen. Besser wäre es, Mindestlöhne festzusetzen, sodass viele
gar nicht mehr aufstocken müssten und stattdessen vom eigenen Geld
leben könnten.
Uwe Westdörp
Pressekontakt:
Neue Osnabrücker Zeitung
Redaktion
Telefon: 0541/310 207