Neue OZ: Kommentar zu Türkei / DEU / Davutoglu / Wulff

Besuch mit religiösen Reizthemen

Sein dritter Staatsbesuch stellt Christian Wulff vor enorme
Herausforderungen. Zwar waren in diesem Jahr schon Kanzlerin Angela
Merkel und Außenminister Guido Westerwelle in der Türkei, ebenso wie
die Minister Thomas de Maiziére und Rainer Brüderle. Doch den
Bundespräsidenten begleiten auf seiner Reise weit höhere Erwartungen.
Alle kann er wohl kaum erfüllen. Die Spannung vor seiner heutigen
Rede hängt auch mit dem Zeitpunkt zusammen: In Deutschland laufen
intensive Debatten um Thilo Sarrazin, Islam und Integration, die auch
in der Türkei Beachtung finden. Zugleich rollt über Europa eine Welle
des Rechtspopulismus.

Ein weiterer Grund für die hohen Erwartungen hängt mit den vielen
hierzulande lebenden Türken zusammen. Das führt zu besonderen
Beziehungen, wie kürzlich das Fußball-Länderspiel Deutschland-Türkei
in Berlin belegt hat. Zwar kommt Wulff als Staatsoberhaupt, das wohl
auch etwas zum Beitrittswunsch der reformfreudigen Regierung Erdogan
zur EU sagen wird. Auffällig aber ist, was für eine große Rolle die
Religionen beim Besuch einnehmen.

Hier liegen die größten Reizthemen. Zum einen, weil die türkische
Regierung mithilfe ihrer Religionsbehörde großen Einfluss auf die
Muslime ausübt, etwa indem sie staatlich bezahlte Imame nach
Deutschland schickt. Zum anderen, wegen der schwierigen Rolle der
christlichen Minderheit in der Türkei. Wirtschaftsthemen, sonst
zentral, geraten in dieser Situation in den Hintergrund.

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