Neue OZ: Kommentar zu USA / Irak / Konflikte / Internet

Tödliches Wissen

Die Enthüllungen der Internetplattform Wikileaks melden kaum Neues
aus Bagdad. Die Unterstützung von Todesschwadronen durch das
iranische Regime ist seit Jahren bekannt. Genauso der Fakt, dass
Folter, Mord und Willkür bei Militär, Polizei und Justiz des Irak
riesige Probleme darstellen. Auch einzelne Verfehlungen und
Verbrechen von US-Soldaten und Söldnern sind kein Geheimnis, sondern
Gegenstand von Militärgerichtsverfahren. Warum reagieren die
Regierungen in Washington und London dennoch so empört?

Nicht die Veröffentlichung an sich, sondern das Informationsleck
im US-Verteidigungsministerium stellt das eigentliche Problem dar.
Wenn Datenmengen in diesem Umfang aus Geheimarchiven durch alle
Sicherheitsschleusen geschmuggelt werden, dann ist das wenig
vertrauenerweckend. Das wirkt sich gerade auf Terror-Guerilla-Kriege
wie im Irak oder in Afghanistan negativ aus. Denn Vertrauen ist ein
wichtiges Kapital. Ohne dieses lassen sich keine Informanten oder
gekaufte Verbündete finden, die sonst fürchten müssten, dass ihre
Namen plötzlich im Internet kursieren. Dieses Wissen in der Hand des
Gegners kann tödliche Folgen haben. Die Macher von Wikileaks beteuern
zwar, heikle Informationen zu Personen in den Geheimpapieren
gestrichen zu haben. Hoffentlich stimmt das. Alles andere wäre
unverantwortlich.

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