In der Sackgasse
Die Aufgabe, die Heiner Geißler in Stuttgart lösen muss, ist ein
paar Nummern größer als in den Tarifkonflikten, bei denen er als
Schlichter half. Es sieht so aus, als ist sie auch für ein
politisches Schlitzohr wie ihn zu groß. Kaum als Vermittler
angetreten, hat Geißler die verfahrene Lage im Konflikt um Stuttgart
21 verschlimmert. Nach seiner eigenmächtigen Aussage, das
Bahnhofprojekt werde zunächst auf Eis gelegt, ist Geißlers Ruf als
unabhängiger Makler bei den Befürwortern des Neubaus ramponiert. Weil
er seine Zusage auf Intervention von Ministerpräsident Mappus aber
prompt relativierte, hat der Schlichter nun auch bei den
Projektgegnern Vertrauen verspielt.
Bei so viel Argwohn auf beiden Seiten tendieren die Chancen für
erfolgreiche Gespräche gegen Null. Zumal der Bahnhofsneubau längst
keine Sachfrage mehr ist. In Stuttgart geht es um die Machtfrage: Im
Frühjahr wird in Baden-Württemberg gewählt. Mappus kämpft ums
politische Überleben, seine Gegner wollen ihn mit allen Mitteln
aushebeln. Deshalb wird Stuttgart 21 beidseitig überhöht. Für die
einen steht der Industriestandort Deutschland auf dem Spiel, für die
anderen die Demokratie.
Dabei ist es im Kern weit simpler: Das Projekt ist demokratisch
legitimiert und juristisch abgesegnet. Wer Bedenken gegen den Bahnhof
hat, hätte sie im Planungsprozess äußern können. Jetzt nachzukarten,
wo alle Würfel gefallen sind, offenbart ein merkwürdiges Verständnis
von Rechtsstaat.
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