Neue Westfälische (Bielefeld): AKW-Laufzeitverlängerung Zukunft oder Vergangenheit ALEXANDRA JACOBSON, BERLIN

Angela Merkel will in diesem Herbst richtig
regieren und viele Entscheidungen treffen. Für das Energiekonzept
bedeutet das eine Verständigung auf eine Laufzeitverlängerung von
zehn bis zwölf Jahren für die Atomkraftwerke. Doch Ruhe kehrt hier
nicht ein. Zum einen stellt sich die politische Frage, ob
Laufzeitverlängerungen überhaupt ohne den Bundesrat verordnet werden
dürfen – das ist ein Konflikt, den demnächst Karlsruhe lösen muss.
Einige Bundesländer werden auf jeden Fall klagen. Zum anderen wird
die Verlängerung der Laufzeiten der Anti-Atomkraftbewegung neuen
Auftrieb verschaffen. Besser wäre es gewesen, am Atomausstieg
festzuhalten. Deutschland wird nicht zukunftsfähiger, wenn bei solch
langfristigen Themen jede Regierung meint, frühere Entscheidungen
wieder korrigieren zu müssen. Schon Rot-Grün hat im Jahr 2000 den
Fehler begangen, die Opposition beim Atomausstieg nicht mit ins Boot
zu holen. Denselben Fehler begeht nun auch Schwarz-Gelb. Kommt
demnächst wieder Rot-Grün an die Macht, was nach derzeitigen
Umfragestand schon 2013 im Bereich des Möglichen liegt, würden die
Laufzeiten wohl wieder zurückgedreht. Der angestrebten
Versorgungssicherheit dient so ein Hin und Her bestimmt nicht.
Ohnehin wird man das Gefühl nicht los, dass die wirklich wichtigen
Fragen überhaupt nur am Rande auftauchen. Um den Windstrom aus der
Nordsee in die Zentren zu bringen, bedarf es mindestens 850 Kilometer
neue Leitungen. Bisher sind davon maximal 90 Kilometer verlegt. Wie
es beim Leitungsbau für die Erneuerbaren Energien weiter geht, ist
wichtiger als die Laufzeitverlängerung. Das schwarz-gelbe
Energiekonzept erregt zu Recht den Verdacht, dass hier nicht die
Zukunft verhandelt wird sondern vor allem den Energiekonzernen einen
riesigen Gefallen bereitet wird.

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