Wo Menschen miteinander arbeiten, kann schnell
eine Atmosphäre von Neid und Missgunst entstehen. Ein falsches Wort
hier, ein nicht gesprochenes dort oder die hintertragene Information
durch einen Dritten vergiften das Klima. Persönliche Eitelkeiten und
Sensibilitäten hindern am gemeinsamen Weiterkommen. Jeder kennt das
aus seinem privaten oder beruflichen Umfeld. In der Politik sind
solche Schwierigkeiten genauso zu Hause. Sie sind sogar größer und
wahrscheinlicher, weil Politik immer auch Gerangel um die Macht ist.
Da begegnen sich alle Beteiligten noch viel eher als Konkurrenten und
nicht als Kollegen. Deshalb macht folgende spaßige Steigerung die
Runde: Feind, Erzfeind – Parteifreund. Wenn die CDU in
Nordrhein-Westfalen in diesen Wochen einen neuen Landesvorsitzenden
sucht, spielen solche Empfindlichkeiten eine wichtige Rolle. Norbert
Röttgen und Armin Laschet galten lange Zeit als eng befreundet. Diese
Freundschaft dürfte jetzt arg lädiert sein. Das absprachewidrige
Vorpreschen Laschets zusammen mit Fraktionschef Karl-Josef Laumann
und Generalsekretär Andreas Krautscheid, in dem er vor der
verabredeten Zeit seine Kandidatur erklärt hat, sorgt im
Röttgen-Lager für Verdruss. Umso bemerkenswerter, dass beide
Kandidaten sich zumindest auf offener Bühne bemühen, fair miteinander
umzugehen. Ein Grund: Die bürgerliche CDU schätzt den offenen Streit
nicht. Am Mittwoch in Münster bei der ersten von acht
Regionalkonferenzen ging es sachlich zu. Genau das ist die Chance der
am Boden liegenden NRW-CDU. Ein offener demokratischer Wettbewerb
zwischen zwei Kandidaten, die letztlich beide geeignet wären, den
Chefposten vernünftig auszufüllen, stärkt die Union und die
Demokratie. Das große Interesse der Basis, in Münster waren mehr als
800 Parteimitglieder erschienen, macht Hoffnung. Der
Mitgliederentscheid war eine gute Idee. Ob jedoch diese Hoffnung
berechtigt ist, wird sich nach der Entscheidung zeigen. Der wahre
Demokrat erweist sich nicht im Wahlkampf, sondern erst nach dem Sieg
und nach der Niederlage. Wie gehen die Ex-Kandidaten anschließend
miteinander um? Wenn der Gewinner den Verlierer einbindet und der
sich seinerseits unterordnen kann, gibt es die Chance zum Neuanfang.
Arbeiten beide weiter gegeneinander, droht der Partei die Lähmung.
Diese Gefahr ist gerade in der CDU Nordrhein-Westfalens groß. Nach
der bitter enttäuschten Hoffnung, das SPD-Stammland für weitere fünf
Jahre regieren zu können, nach der Flucht von Jürgen Rüttgers am
Wahlabend vor dem Wahlvolk ist die Partei in einer sensiblen
Situation. Demokratischer Wettbewerb tut ihr gut, interne Raufereien
können sie sehr beschädigen. Wie das ist, hat die SPD in den 90er
Jahren gezeigt. Nachdem Rudolf Scharping per Urwahl Chef wurde,
ließen seine innerparteilichen Gegner nicht locker und brachten ihn
in langem Streit zur Strecke. Eine Mitgliederbefragung allein ist
folglich keine Garantie für eine gute Zukunft.
Pressekontakt:
Neue Westfälische
News Desk
Telefon: 0521 555 271
nachrichten@neue-westfaelische.de