Es war ein Staatsereignis, das noch lange von 
sich reden machen wird. Dreieinhalb Tage lang weilten die britische 
Königin Elizabeth II. und ihr Gatte, Prinz Philip, in der 
Bundesrepublik Deutschland. Sie schüttelten zahlreiche Hände, winkten
freundlich Tausenden Bundesbürgern zu, die das Königspaar bei seinen 
öffentlichen Auftritten sehen wollten, nahmen Gastgeschenke des 
Bundespräsidenten entgegen und gaben sich auf höchstem diplomatischem
Parkett gewohnt souverän, locker und sympathisch. Doch all diese 
Dinge sind es nicht, die dem insgesamt fünften Staatsbesuch der Queen
und Prinz Philips in der Bundesrepublik einen längeren Eintrag in den
Geschichtsbüchern sichern dürften. Es ist vor allem eines: eine 
entwaffnende Form der Authentizität, die die Queen als 
Staatsoberhaupt auszeichnet und die ihr auch auf republikanischem 
deutschem Boden viel Anerkennung einträgt. Die Authentizität als 
Fürsprecherin gerade der deutsch-britischen Freundschaft hat sich die
Queen hart erarbeitet. War sie es doch, die schon bei ihrem ersten 
Staatsbesuch 1965 in Berlin die Mauer als Symbol der seinerzeit 
geteilten Stadt besuchte und den Deutschen die Solidarität der Briten
beim Bestreben versicherte, die Teilung Deutschlands zu überwinden. 
Damals keine Selbstverständlichkeit für die Königin, die als Teenager
selbst miterleben musste, wie der Buckingham-Palast in London 
mehrfach von den Nazis bombardiert und teilweise zerstört wurde. Doch
die Queen blieb ihrer Linie der Freundschaftspflege zwischen 
Großbritannien und Deutschland bei allen weiteren Staatsbesuchen treu
– bis heute. Das hat mit Sicherheit nicht nur mit den traditionell 
engen familiären Verflechtungen der Windsors mit deutschen 
Adelsfamilien zu tun. Denn diese gereichen den Royals von der Insel 
nicht ausschließlich zur Ehre, pflegten doch drei der deutschen 
Prinzen, mit denen die vier Schwestern des Queen-Gemahls Prinz Philip
eheliche Verbindungen eingingen, engere Kontakte zu den 
Nationalsozialisten, als dem Hause Windsor lieb sein konnte. So steht
außer Zweifel, dass die politischen Konnotationen der Queen-Visite 
bis ins kleinste Detail durchdacht sind. Das reicht vom Zeitpunkt der
Reise bis hin zu den Reden und auch den vielen kleinen Gesten. Denn 
diese werden bei der Queen so sehr mit Argusaugen beobachtet wie bei 
kaum einem anderen Staatsgast, der am Schloss Bellevue die 
Ehrenformation abschreitet. Das beweist eine rekordverdächtig große 
Zahl von Kameraobjektiven, die stets auf die Monarchin gerichtet 
waren. Das wissen natürlich auch die Briten. Sie kennen und schätzen 
ihre Königin ja schließlich schon seit mehr als 60 Jahren. Deshalb 
auch rauschte der Blätterwald auf der britischen Insel nach ihrer 
Ansprache beim Staatsbankett kräftig, als die Queen vor einer 
Spaltung Europas warnte. Ein Appell, der sichtbar sowohl beim 
britischen Premier Cameron als auch bei der deutschen Kanzlerin 
Merkel auf große Aufmerksamkeit stieß. Die postwendende Replik des 
Königshauses, die Queen würde „niemals eine politische Meinung 
vertreten“, darf man getrost als diplomatische Pflichtübung 
verstehen. Der Nachhall in der Öffentlichkeit ist entsprechend groß. 
Auf beiden Seiten und darüber hinaus in ganz Europa. Der Besuch der 
Queen hat in bewegten europäischen Zeiten zu einer Kultur des 
Nachdenkens angeregt, die bitter nötig ist. Die Queen hat weit mehr 
zu bieten als nur die stilvolle Präsentation bunter Hüte.
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