Neue Westfälische (Bielefeld): DGB gibt dem „rollierenden Stichtag“ bei der Rente mit 63 keine Chance: „Regelung wird von einem Gericht gekippt“

Bielefeld. Annelie Buntenbach,
DGB-Vorstandsmitglied, lehnt den „rollierenden Stichtag“ zur
Vermeidung von Frühverrentung bei der Rente mit 63 strikt ab. Der in
Bielefeld erscheinenden Neuen Westfälischen (Donnerstagsausgabe)
sagte Buntenbach: „Die Debatte über die Frühverrentung ist
unglaublich scheinheilig. Die Arbeitgeberverbände klagen über den
Fachkräftemangel. Aber nicht einmal ein Drittel der über 60-Jährigen
hat einen regulären Job. Wenn man Frühverrentung verhindern will,
sollte man die Erstattungspflicht für Unternehmen wieder einführen.
Das heißt, dass die Arbeitgeber für jeden entlassenen älteren
Arbeitnehmer die Sozialversicherungsbeiträge an die Agentur für
Arbeit überweisen müssten. Mit dem rollierenden Stichtag der Großen
Koalition wird die Anrechnung von Arbeitslosigkeit zwischen 61 und 63
bis auf Insolvenzen und Betriebsschließungen ganz ausgeschlossen.
Doch es kommt in den allermeisten anderen Fällen zu unverschuldeter
Arbeitslosigkeit. Ich bin überzeugt davon, dass Kolleginnen und
Kollegen gegen den rollierenden Stichtag klagen werden und diese
Regelung von einem Gericht wieder gekippt wird.“

Auch für die „Flexi-Rente“ kann sich Buntenbach nicht erwärmen:
„Wenn die Arbeitgeber und die Mittelstandsvereinigung der CDU genauso
viel Energie auf die Frage verwendet hätten, wie Menschen die Zeit
bis zur Regelarbeitsgrenze bei guter Gesundheit durchstehen, wäre der
soziale Fortschritt in diesem Land weiter. Stattdessen wird nun
darüber geredet wie Arbeitnehmer nach der Altersgrenze noch
weitermachen sollen“, so die DGB-Frau. Die Probleme liegen nach
Ansicht von Buntenbach ganz woanders: „Das große Problem liegt doch
darin, dass die Krankenschwester, der Busfahrer, der Dachdecker und
der Schichtarbeiter es nicht bis 65 schaffen. Und schon gar nicht bis
67. Viele sind deshalb von einem Absturz kurz vor der Rente bedroht.
Dafür brauchen wir Antworten. Ich bin verwundert über die neu
entdeckte Liebe der Arbeitgeber zu den älteren Beschäftigten. Wir
erwarten, dass sie endlich deutlich mehr für den Arbeits- und
Gesundheitsschutz tun. Zurzeit investiert nur jeder fünfte
Arbeitgeber in altersgerechte Arbeitsbedingungen. Die
arbeitsbedingten Erkrankungen nehmen dramatisch zu, weil der Druck
wächst. Das muss anders werden.“

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