Neue Westfälische (Bielefeld): Ehemaliger NRW-Ministerpräsident Rüttgers (CDU): „Wir haben die Mehrheiten in den Städten verspielt“

Bielefeld. Angesichts der Schwäche der
Christdemokraten in den Metropolen hat der ehemalige
nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) die
Prioritäten seiner Partei kritisiert. In einem Gespräch mit der in
Bielefeld erscheinenden Neuen Westfälischen (Montagausgabe) sagte
Rüttgers, es sollte „weniger um Werbekampagnen und vermeintlich coole
Auftritte einzelner Kandidaten gehen, sondern um die Inhalte“.
Rüttgers erinnerte an bessere Zeiten der CDU. „Leider haben wir die
Mehrheiten teilweise verspielt.“

Rüttgers forderte von seiner Partei „feine Antennen für das, was
die Menschen bewegt, was sie empfinden. Man muss ihre Probleme ernst
nehmen.“ Die aktuelle Debatte um das vermeintlich fehlende Gefühl der
CDU für die Großstädte ist ihm „zu einfach“. Sie drehe sich immer nur
um die gleichen Fragen: „Muss die CDU sich mehr nach links wenden?
Muss die Partei die Stimmung in der Stadt besser aufnehmen?“ Der
frühere Bundesminister hält es für „äußerst fraglich, ob es das
großstädtische Lebensgefühl überhaupt gibt“. Die CDU stehe in der
bürgerlichen Tradition der Weltoffenheit. Bürgerlichkeit und die
Entwicklung neuer Lebensformen seien keineswegs Gegensätze, sagte
Rüttgers.

Statt einem angeblichen Mainstream nachzujagen „müssen wir die
Menschen abholen, wie es Neudeutsch heißt“, mahnte Rüttgers. Neben
der Armutsentwicklung – vor allem mit Blick auf den demografischen
Wandel, Frauen und alleinerziehende Eltern – sollten sich Parteien
nach seiner Ansicht grundsätzlich mehr um Integrations- und
Sicherheitsfragen sowie kulturelle Angelegenheiten kümmern. „Wer auf
kommunaler Ebene erfolgreich sein will, muss diese Felder kompetent
abdecken.“

Rüttgers lobte die Hamburger SPD für ihren Wahlkampf. Der Verband
habe wichtige Themen wie Wohnungsnot, Armut und sozialer Friede
aufgenommen. Außerdem genieße Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) in der
Hansestadt „ein hohes Maß an Vertrauen – ein häufig unterschätzter
Aspekt“.

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