Neue Westfälische (Bielefeld): Frank-Walter Steinmeier wird Bundespräsident Die richtige Wahl Thomas Seim

Frank-Walter Steinmeier wird unser neuer
Bundespräsident. Das ist eine gute Wahl. Dass SPD und Union sich –
ungeachtet einiger unschöner Szenen bei der Kandidatensuche – am Ende
auf den besten sichtbaren Kandidaten für die Staatsspitze
verständigen konnten, spricht für die Fähigkeit unserer
Spitzenpolitiker, Entscheidungen unabhängig von Parteipräferenzen zum
Wohle des Landes zu treffen, wie es Amtseid und Grundgesetz vorsehen.
Steinmeier ist überzeugter Europäer und Internationalist. Er genießt
als oberster Diplomat höchste internationale Reputation. Er ist
menschennah, hat einen Blick für Sorgen und Ängste der Bürger, kann
versöhnen statt spalten – wie man nicht nur, aber auch in seiner
Rolle als Super-Diplomat in den Krisenherden Ukraine, Syrien und
Türkei sehen kann. Steinmeier ist ein brillanter Analytiker und
verfügt über ein exzellentes Wertefundament. Und er kommt aus Lippe.
Wir in Ostwestfalen-Lippe dürfen uns das Recht nehmen, darauf
hinzuweisen, dass drei der gehandelten Kandidaten – neben Steinmeier
der Präsident des Bundesverfassungsgerichts Andreas Voßkuhle und der
frühere Bundesumweltminister Klaus Töpfer – bei uns zu Hause sind.
Alle verfügen über eine besondere Reputation. Das zeugt schon von
einer besonderen Qualität des in der Region verankerten politischen
Personals. Alle, die sich zu Steinmeier äußern, stimmen in der
überaus positiven Bewertung von dessen Persönlichkeit überein. Das
gilt über alle Parteigrenzen hinweg. So könnten alle zufrieden sein,
gäbe es nicht doch einige Beobachtungen, die durchaus geeignet sind,
politische Haltungsnoten zu thematisieren. Sigmar Gabriel ist mit
Steinmeiers Durchsetzung ein Super-Coup gelungen. Er setzt als
kleinere Gruppe in der Wahlversammlung seinen Kandidaten gegen den
größeren Partner Union durch. Damit kann er für sich reklamieren,
dass er überhaupt erst zum dritten Mal – nach Gustav Heinemann
(1969-1974) und Johannes Rau (1999-2004) – einen Sozialdemokraten an
die Staatsspitze bringt. Er hat seinen Kritikern innerhalb und
außerhalb der Partei gezeigt, dass er sich, dass er Inhalte und dass
er Personalentscheidungen durchsetzen kann. Schließlich wird Gabriel
– darauf deutet alles hin – mit dem derzeitigen Präsidenten des
Europaparlaments Martin Schulz einen international anerkannten und
politisch schwergewichtigen Politiker neu ins Kabinett bringen. Alles
zusammen bedeutet das für den SPD-Chef einen sehr guten Start ins
Wahljahr 2017. Die Präsidentenwahl im Februar wird Rückenwind für die
Landtagswahl in NRW bedeuten und auf dem Weg zur Bundestagswahl
sicher nicht schaden. Damit dürfte die Kanzlerkandidatur geklärt
sein: An Gabriel führt kein Weg mehr vorbei. So gut die Bilanz für
Gabriel aussieht, so nüchtern erscheint sie für die Bundeskanzlerin.
Zum dritten Mal gleitet Angela Merkel die Besetzung des höchsten
Staatsamtes aus der Hand. Man fragt sich unwillkürlich, ob es ein
Zeichen von Schwäche ist, dass die von ihr angefragten Kandidaten –
Ursula von der Leyen, Andreas Voßkuhle und andere – absagten. Auch
dass die CSU den Versuch Merkels ausbremste, mit dem
baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann eine
schwarz-grüne Option zu retten, spricht nicht für eine
handlungsfähige Managerin der Macht. Einmal mehr taucht die Frage
auf, ob Merkel wirklich noch stark genug für die Herausforderungen
des Amtes ist. Bitter für die CDU-Vorsitzende Merkel ist zudem, dass
CSU-Chef Horst Seehofer ihr einmal mehr die Grenzen der
Handlungsfähigkeit aufzeigte. Ganz gleich, ob es dabei um Rache für
den Dissens in der Flüchtlingspolitik ging oder nicht: Die Absage an
Winfried Kretschmann ist eine Absage an Schwarz-Grün, mindestens im
Bund. Seehofer liegt richtig: Die Zeit für Schwarz-Grün war nach der
Wahl 2013; nun ist der passende Zeitpunkt vorbei. Für die Union
reduziert das allerdings zugleich die Machtoption auf eine Große
Koalition. Nun also Steinmeier. In der derzeitigen Lage kann es
keinen Besseren fürs Amt geben. Das Land, der Kontinent und auch die
internationale Politik dürsten nach einem Diplomaten wie er es ist –
mit Profil und detaillierten Kenntnissen in allen Teilen der Welt.
Das wird auch gegen nationalistische oder gar faschistische
Strömungen in der Politik gebraucht, wie sie die AfD-Chefin Frauke
Petry mit der Wiedereinführung der Nazi-Begriffe „völkisch“ und
„entartet“ repräsentiert. Oder gegen Entgleisungen, wie sie dem
designierten neuen US-Präsidenten Donald Trump im Wahlkampf über die
Lippen kamen, den der Außenminister zurecht mit der angemessenen
Klarheit als „Hassprediger“ bezeichnete. Oder kurz: Steinmeier ist
die richtige Wahl.

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