Auf die Frage, warum die Menschen in Zeiten von
Fernsehen und Internet Bücher brauchen, sagte der Kritiker Marcel
Reich-Ranicki dieser Tage: „Diese Frage wird nicht erst gestellt,
seitdem es Fernsehen und Internet gibt, sondern seit Jahrhunderten.“
Die Antwort sei immer die gleiche: „Der Mensch will wissen, in was
für einer Welt er lebt. Er will wissen, wer er ist und wie er mit
anderen Menschen zusammenleben kann.“ Und der Philosoph Georg Lukács
brachte es einst auf die prägnante Formel: „Literatur ist das
Gedächtnis der Menschheit.“ Die Herren haben Recht, deshalb
lesen wir so gerne, deshalb haben gedruckte Bücher immer noch
Konjunktur, deshalb hat die Frankfurter Buchmesse nach wie vor so
einen starken Zuspruch und mit 7.500 Ausstellern und 110.000
Neuerscheinungen mal wieder einen Höchststand zu verzeichnen. Bücher
sind nach wie vor in der Lage uns zu packen, mitzunehmen, sie gehören
zu unserem Alltag. Und eben deshalb muss allen Kulturpessimisten in
diesen Tagen nicht wirklich bange um das gedruckte Buch sein: Es wird
Bestand haben, weil es ästhetisch ist, weil es so schön praktisch
ist, weil es in der Wüste genauso gut aufzuschlagen ist wie im
Tiefschnee und bei Hitze als auch bei Kälte die Lettern ihren Geist
nicht aufgeben, sondern ihren selbigen dem Leser freigeben, wo immer
er liest. Der portugiesische Dichter Fernando Pessoa sprach vom
„Lesen als durch fremde Hände träumen.“ Das alles gibt uns das Buch.
Doch die Buchmesse in Frankfurt zeigt auch: Neben das gedruckte Buch
wird unaufhaltsam das digitale Buch treten, das als so genanntes
E-Book auf verschiedenen Lesegeräten oder auf den neuen Tablet-PCs
immer weiter Einzug halten wird in unsere Welt. Droht deshalb der
Untergang des gedruckten Buches? Nein! Es wird noch etliche Jahre
sogar führend neben diesen neuen Medien existieren, da sind sich alle
Experten sicher. Und die Zahlen belegen es: In Deutschland macht das
digitale Buch gerademal einen Prozent des Umsatzes im Buchhandel aus.
Tendenz steigend. Doch mehr als fünf bis zehn Prozent werde das
digitale Buch mittelfristig nicht erobern, heißt es auch. Es gilt:
Wir leben in einer Umbruchzeit und erleben mal wieder, dass etwas
Neues neben etwas Altes tritt. Buchmessen-Direktor Juergen Boos nennt
das etwas pathetisch die „zweite Revolution nach der Erfindung des
Buchdrucks durch Gutenberg“. Und trotz dieser „zweiten Revolution“
wird das Abendland wieder einmal nicht untergehen. Denn auch mittels
der neuen Medien kann man Bücher lesen – sehr gut sogar mittlerweile
– man kann mit ihnen sogar lesen lernen, sein Wissen vertiefen und
manches geht sogar flotter und besser als im herkömmlichen Buch –
nämlich das Beschaffen von zusätzlichen Informationen, die animierte
Aufbereitung und das Nachschlagen von Textstellen. Warum das nicht
auch nutzen? Fazit: Zwei Ausgabekanäle für das „Gedächtnis der
Menschheit“ – eigentlich phantastische Zeiten für Freunde des Lesens.
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