Irgendwann im vorvergangenen Sommer, die Unionsparteien waren 
gerade in Asylfragen zerstritten und Hans-Georg Maaßen noch Präsident des 
Verfassungsschutzes, hat Robert Habeck vor einer gefährlichen Zuspitzung in den 
Parlamenten gewarnt. Der Grünen-Chef rief auf einem Parteitag des 
NRW-Landesverbandes zu einer Gegenbewegung auf. Es werde nun auf ihre 
Entschlossenheit ankommen, sagte er, „auf unsere Geschlossenheit, auf unsere 
Kampfbereitschaft“. Auf ihrer Bundesdelegiertenkonferenz in Bielefeld hat er 
diese Melodie verfeinert und eine Grundatmosphäre herbeigeführt, die über 
Phrasen eines Jubelparteitags hinausgehen. In der ersten halben Stunde seiner 
Parteitagseröffnung, die unter dem weitgefassten Tagesordnungspunkt „Politische 
Rede“ stand, zeigte Habeck, was er sich unter Entschlossenheit vorstellt. Einige
hatten sich zuvor gewundert, dass konkrete Fragen zum rechten Lager weitgehend 
ausgespart würden. In der Tat findet man im Antragsbuch nur eine Vorlage unter 
„Verschiedenes“, in der die AfD „der parlamentarische Arm eines rechtsextremen 
und rechtsterroristischen Netzwerks“ genannt wird und sie damit die „für ein 
Parteiverbot erforderliche Relevanz“ habe. Man ist pragmatisch geworden bei den 
Grünen. Klima, Wirtschaft, Wohnungen – der Parteitag ist eng getaktet, da bleibt
kaum Zeit für Selbstvergewisserung. Angesichts der Verteidigung der liberalen 
Demokratie gelten die Grünen als der klare Gegenpol zu einer sich schwer 
radikalisierenden AfD. Wenn es um die offene Gesellschaft geht, genießt keine 
andere Partei so hohe Glaubwürdigkeit. Während gesellschaftliche 
Errungenschaften angegriffen werden, öffnet sich die Bündnispartei. Völlig 
richtig lag Habeck mit seiner Mahnung, die Grünen sollten sich in Toleranz üben.
Die Grenzen: „Wenn Lüge Wahrheit wird und Wahrheit Lüge.“ Personal, Profil, 
Programmatik – vieles passt derzeit bei den Grünen. Ihre Klimaforderungen galten
lange Zeit als radikal, inzwischen hat sich die Stimmungslage angeglichen. Nun 
steht die Partei vor der großen Aufgabe, ihre Politik in einer tauglichen 
Erzählung zu verpacken. Man ist gewissermaßen zum Regieren verdammt – es wird 
zwangsläufig Kompromisse geben. Schafft es die Partei, diese Kompromisse zu 
erklären, kann sich der Vertrauensvorschuss in nachhaltige Zustimmung wandeln.
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