Neue Westfälische (Bielefeld): Grundsatzurteil zur Sterbehilfe Kompass auf schmalem Grat PETER STUCKHARD

Seit 2009 gilt in Deutschland das
Patientenverfügungsgesetz. Im Mittelpunkt des Gesetzes steht das
Selbstbestimmungsrecht des Menschen als Ausdruck seiner
grundgesetzlich garantierten Würde. Das bedeutet: Eine
Patientenverfügung ist verbindlich. Ärzte haben sie bei all ihren
Maßnahmen zu beachten, wobei es auf das Stadium einer Krankheit nicht
ankommt. Daraus folgt: Sie haben alles zu unterlassen, was das Leben
eines Patienten gegen seinen Willen verlängert. Der vom
Bundesgerichtshof jetzt verhandelte Sachverhalt – künstliche
Ernährung gegen den Patientenwillen – sollte so heute nicht mehr
vorkommen. Wie aber dürfen sich Ärzte, Pflegepersonal, Angehörige
verhalten, wenn technische Systeme, Apparate, einen Menschen gegen
seinen Willen am Leben halten? Sie abzuschalten ist zweifelsfrei kein
straffreies Unterlassen, sondern ein aktives Handeln, das zum Tode
führen kann. Ist das noch passive Sterbehilfe oder schon strafbare
aktive Sterbehilfe? Hier hat der Bundesgerichtshof Rechtsunsicherheit
beseitigt: Die Verfügung der Patientin hat auch den Abbruch einer
Behandlung durch aktives Handeln gerechtfertigt. Damit stärkt auch
die Justiz die Idee von der Selbstbestimmung. Aber: Wer sie in
Anspruch nehmen will, sollte seinen Willen rechtzeitig per
Patientenverfügung dokumentieren.

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