Neue Westfälische (Bielefeld): Honorarerhöhung für Ärzte Reparaturbedürftig WOLFGANG MULKE

War da nicht kürzlich etwas? Hatte der
Gesundheitsminister nicht versprochen, alle am System Beteiligten
müssten zum Sparpaket beitragen? Nun bekommt mit den Ärzten eine
starke Lobby doch wieder einen kräftigen Schluck aus der Pulle. Je
nach Rechnung zahlen die Kassen den Praxen im nächsten Jahr bis zu
einer Milliarde Euro mehr aus. Versicherte, die ab Januar höhere
Beiträge an ihre Krankenkasse abführen müssen, werden den satten
Aufschlag kaum verstehen. Doch bei genauem Hinsehen kommt die höhere
Vergütung nur einem Teil der Mediziner zugute. Der Aufschlag landet
vornehmlich im Süden, in Bayern, Baden-Württemberg und
Rheinland-Pfalz. Die Ärzte in diesen Bundesländern mussten in den
vergangenen Jahren mit bescheidenen Zuwächsen auskommen. Nun soll
dieser Nachteil ausgeglichen werden. Die Logik besticht nur kurz.
Denn im Süden können sich die Ärzte wahrlich nicht beschweren, fahren
sie doch lange schon besser als Kollegen in anderen Landesteilen. Die
Erhöhung erscheint deshalb unangemessen. Auch drängt sich insgesamt
der Eindruck auf, dass die Proteste der Ärzteschaft in der letzten
Zeit Wirkung zeigen und die Politik am Ende vor der mächtigen Lobby
einknickt. Sie sitzt bei den Verhandlungen um Ärztehonorare zwar
nicht mit am Tisch, doch ist ihr Arm wohl auch so lang genug. Die
Anhebung hält sich insgesamt prozentual in Grenzen. Und doch will
kein gutes Gefühl aufkommen. Denn es bleibt weiten Teilen der
Öffentlichkeit völlig verborgen, nach welchen Grundsätzen und
Kriterien die Kassen zur Kasse gebeten werden. Offensichtlich sind
nur viele Ungerechtigkeiten im System, die die Ärzteschaft selbst
nicht beseitigen kann. Um sie auszugleichen, wird mal hier, mal dort
etwas draufgelegt. Das Konzept ist reparaturbedürftig. Das ist eine
der Aufgaben, deren sich der Gesundheitsminister annehmen muss.

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