Neue Westfälische (Bielefeld): KOMMENTAR Schwarz-gelbe Energiewende Revolution Teil 2 ALEXANDRA JACOBSON, BERLIN

Man mag sich die Augen reiben und kaum glauben,
was sich derzeit auf der Berliner Bühne abspielt. Bundeskanzlerin
Angela Merkel hat noch im vergangenen Herbst ein Energiekonzept als
„Revolution“ verkauft, dass die 12- bis 14-jährige
Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke vorsah. Gestern wurde diese
Revolution sozusagen entsorgt und symbolisch eine zweite ausgerufen:
2022 soll in Deutschland mit der Atomenergie ein für allemal Schluss
sein. Ist es Einsichtsfähigkeit nach dem Schock von Fuku-shima? Ist
es purer Opportunismus, weil Merkel angesichts der rot-grünen Stärke
erkannt hat, dass ihr Kanzlerdasein als Förderin der Atomenergie 2013
auf jeden Fall ein jähes Ende finden wird? Vermutlich liegt der
aktuellen Revolution ein Mix aus beiden Beweggründen zugrunde. Doch
das Ergebnis ist eindeutig: Schwarz-Gelb meint es ernst. Anders als
beim rot-grünen Atomausstieg gibt es nun erstmals sogar ein
definitives Enddatum. Eine Revisionsklausel ist nicht vorgesehen.
Auch nicht im Kleingedruckten. Auf einmal ist vieles möglich, was vor
kurzem undenkbar war: Die Kraft-Wärme-Kopplung soll ausgebaut werden.
Die energetische Gebäudesanierung wird großzügig gefördert und soll
nun zusätzlich auch von der Steuer absetzbar sein. Gleichzeitig wird
aber auch nicht verheimlicht, dass der Zubau von konventionellen
Kraftwerken nötig sein wird. Gerade das wird den Grünen eine
Zustimmung schwermachen. Während sich gestern bei der SPD schon so
etwas wie eine verhaltene Zustimmung abzeichnete, mauern die Grünen
noch. Eigentlich schade. Denn dieser Ausstieg erfordert eine
gigantische Anstrengung – beim Netzausbau genauso wie bei der
Wärmedämmung. Da wäre der oft beschworene gesellschaftliche Konsens
von Vorteil. Auch damit sich nach der nächsten Wahl nicht wieder
alles ändert.

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