Auffällig still ist es bei der Europäischen
Union und in Berlin in Sachen Tunesien. Pflichtschuldigst bietet die
Außenkommissarin Catherine Ashton zwar EU-Hilfe bei Wahlen an. Mehr
aber auch nicht. In Brüssel erkennen sie natürlich die Brisanz der
Entwicklung. Sie kann Auswirkungen auf die gesamte arabische Welt
haben, und damit rückt in den Blickpunkt, mit welch despotischen,
korrupten und menschenverachtenden Regimen der demokratische Westen
nicht nur Geschäfte, sondern auch Politik macht. Die Lage ist in fast
allen arabischen Ländern ähnlich: Durch Bevölkerungsexplosion ist die
Gesellschaft extrem jung, durch wirtschaftliche Stagnation wird vor
allem die junge Generation vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen, durch
Korruption wird der Gesellschaft Wohlstand vorenthalten, und durch
religiösen und politischen Fanatismus ist die Stimmung aufgeheizt.
Bislang konnten die herrschenden Cliquen das Volk mit ein paar
Almosen und drakonischen Maßnahmen von Polizei und Geheimdiensten
ruhigstellen. Das ist in Tunesien nun nicht mehr gelungen. Schon
finden sich Nachahmer in Ägypten, Algerien und Jordanien. Der Ruf
nach Demokratie in den genannten Ländern ist leicht. Was aber, wenn
bei demokratischen Wahlen plötzlich die gut organisierten Islamisten
an die Macht kommen oder andere radikale Kräfte? Wenn Stabilität und
wirtschaftliche Zusammenarbeit mit dem Westen auf der Strecke
bleiben? Man denke nur an den Iran, wo der heutige Despot
Ahmadinedschad einst auch bei freien Wahlen an die Macht kam. Die
Politik, auch demokratische, zeigt ihre hässliche Fratze. Denn Europa
hat Interessen, die leichter mit wohlgesonnenen Regimen durchzusetzen
sind als mit gewählten Islamisten. Deshalb dröhnt Schweigen aus
europäischen Hauptstädten.
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