Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar Zwei weitere Kernschmelzen in Fukushima Glaubwürdigkeits-GAU MARTIN KÖLLING

Der GAU in Fukushima hat sich zur Kernschmelze
für Japans internationales Ansehen entwickelt. Mehr als zwei Monate
haben der Betreiber Tepco und die Regierung gebraucht, um
einzugestehen, was internationale Experten schon lange behauptet
hatten: In Fukushima ist es zur dreifachen Kernschmelze gekommen. In
Japan wurde die Situation wider besseres Wissen hingegen
schöngeredet. Die Strategie war zu Anfang noch verständlich. Indem
die Regierung ihrer Bevölkerung nicht das schlimmste, sondern das
bestmögliche Szenario der Katastrophe präsentierte, wollte sie eine
Panik im Großraum Tokio vermeiden. Dort leben und arbeiten nur knapp
über 200 Kilometer entfernt von den Meilern 36 Millionen Menschen.
Lieber hat die Regierung auf Kosten ihrer Glaubwürdigkeit ihre
Aussagen immer wieder korrigiert. Erst stufte sie den Unfall auf der
siebenstufigen internationalen Skala der Atomunfälle auf Stufe 4,
dann auf Stufe 5 ein. Plötzlich sprang sie Anfang Anfang April auf
Stufe 7, das Niveau von Tschernobyl. Dann dehnte sie die
Evakuierungszone immer weiter aus. Und zuletzt präsentierte Tepco
einen Fahrplan für die Krisenbewältigung, der nach den
Eingeständnissen der letzten zwei Wochen bereits teilweise Makulatur
ist. Im Land ist die Rechnung voll aufgegangen. Durch die langsame
Gewöhnung an die Krise haben die Japaner die Nachricht von der
weltweit einmaligen multiplen Kernschmelze fast so gelassen wie den
Wetterbericht aufgenommen. Gefährlich wird es für Japans Unternehmen.
Denn sie müssen ihre Kunden im Ausland davon überzeugen, dass
Produkte aus Japan wirklich nicht radioaktiv strahlen. Aber
international ist der fatale Eindruck entstanden, dass man den
Aussagen von Japans Regierung nicht trauen kann.

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