Merkel hat auf dem Karlsruher Parteitag vor
allem die konservative Seele der CDU gestreichelt. Die Sehnsucht nach
klarer Kante unter den Christdemokraten ist nach den Jahren des
großkoalitionären Schmusekurses gewachsen. Der katastrophale Start
der schwarz-gelben Koalition hat zudem grundsätzliche Zweifel an der
Regierungskunst und der Haltung von Angela Merkel gesät. Dazu kommt,
dass der massive Bürgerprotest von Stuttgart die CDU in ihrem
Selbstverständnis tief verletzt hat. Merkel hat in Karlsruhe diese
schwierige Mischung aus Trotz, Depression, Ärger und Ungewissheit
aufgenommen und entschärft. „Ich habe verstanden“, war ihre zentrale
Botschaft. Die Nachfolgediskussion um den Unions-Helden Karl-Theodor
zu Guttenberg wird zwar auch nach diesem Parteitag nicht ganz
verstummen, aber sie wird leiser werden. Doch Merkels neuer
konfrontativer Kurs hat zwei Seiten. Einerseits schließt sie dadurch
die eigenen Reihen, was angesichts der bevor stehenden Landtagswahlen
nicht ganz unwichtig ist. Andererseits macht der größte
Parteitagsjubel den „Herbst der Entscheidungen“ nicht bekömmlicher
für die Bevölkerung. Diese bleibt skeptisch. Denn inhaltlich vermag
bisher bis nur die Bundeswehrreform zu überzeugen. Die
Laufzeitverlängerung für AKWs hat neue Gräben aufgeworfen. Auf die
Erneuerung der Energie-Infrastruktur wartet das Land indes immer
noch. Und dass beim Sparpaket vor allem das untere Drittel der
Bevölkerung Opfer bringen muss, während die Vermögenden verschont
bleiben, stört die soziale Balance. Auch bei der Gesundheitsreform
sind die Zweifel groß, ob die Gesundheit für die Geringverdiener
erschwinglich bleibt. Merkel hat ihre Position in der CDU gefestigt.
Doch die Bürger im Land wollen vor allem gut regiert werden. Und hier
muss der Beweis erst noch erbracht werden.
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