Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar: Coming-out im Profifußball Endlich Normalität HARALD PISTORIUS

Thomas Hitzlsperger ist schwul. Und ehemaliger
Fußballprofi. Das wird eine mediale Welle auslösen – endlich ist es
da, das erste Coming-out eines Kickers. Die normale Reaktion wäre: Na
und? Doch es gibt wenige gesellschaftliche Felder, in denen
Homosexualität so missachtet, verhöhnt und als Synonym für Schwäche
angesehen wird wie im Männerfußball. Deshalb ist es gut, dass das
Coming-out des ersten deutschen Fußballstars nicht gegen seinen
Willen in einer sensationsgeilen Boulevardzeitung erfolgt, sondern
als offenbar gut vorbereitete Aktion in Form eines durchdachten
Interviews in einer anerkannten Wochenzeitung. Thomas Hitzlsperger,
der sich nie vom Glamour seiner Branche einfangen ließ und stets eine
gesunde Distanz zu Ruhm und Reichtum hatte, schildert glaubwürdig und
authentisch seine Motive für das Coming-out. Deshalb ist die Hoffnung
berechtigt, das sein Coming-out dazu beiträgt, den Machosport Fußball
zumindest ein Stück aus der latenten Homophobie zu führen.
Profifußball und Homosexualität – das passt im Weltbild vieler Fans
und Aktiver nicht zueinander, ist ein Gegensatz. Es ist überfällig,
dass solche antiquierten, ja reaktionären Stand-punkte abgebaut
werden und sich selbst zu dem machen, was sie sind: lächerlich und
kleingeistig. Dazu kann Hitzlsperger mit seinem Coming-out beitragen.
Und er hat das voyeuristische Warten auf den ersten offiziellen
schwulen deutschen Fußballstar beendet, das eine sachbezogene Debatte
über einen sinnvollen Umgang mit dem Thema verhindert hat. Jetzt
können Vereine und Verbände, Trainer, Manager und Funktionäre zeigen
und beweisen, dass es ihnen mit der vielbeschworenen
gesellschaftlichen Verantwortung ernst ist. Für alle anderen, die
sich einsetzen für die Gleichberechtigung und Anerkennung
homosexueller Liebes- und Lebensformen, ist Hitzlspergers Schritt
zumindest ein kleiner Mutmacher. Für alle jene, die sich selbst
manchmal ertappen beim schwulenfeindlichen Spruch oder Verhalten, ist
das ein Anlass, sich zu fragen, ob es nicht doch langsam Zeit wird,
sich dem aufgeklärten Denken anzunähern. Jetzt, wo selbst der Fußball
endlich schwul sein darf

Pressekontakt:
Neue Westfälische
News Desk
Telefon: 0521 555 271
nachrichten@neue-westfaelische.de

Weitere Informationen unter:
http://