Die Meinungs- und Versammlungsfreiheit ist in
Deutschland ein hohes Gut. Sie ist im Grundgesetz garantiert. Immer
wieder wird erklärt, dass Demokratien nicht erpressbar sind, sondern
wehrhaft. Doch kaum stoßen Islamisten eine Terrordrohung aus, sammeln
der Rechtsstaat und seine Vertreter alle Bekenntnisse ein. Die
Polizei hat alle Demonstrationen in Dresden für heute Abend abgesagt
– die Pegida-Aufmärsche genauso wie die Gegendemos. Inhalte und Ziele
der Pegida-Bewegung sind und bleiben falsch und undifferenziert,
dennoch hat die Organisation das Demonstrationsrecht. Das hat eine
Demokratie auszuhalten und macht sie sogar aus. Weil nur wenigen
Mitgliedern der Organisatoren Gewalt angedroht wurde – nach dem, was
wir wissen, nicht ein Anschlag auf die gesamte Veranstaltung
angekündigt ist -, schränkt die Dresdner Polizei ein wichtiges
Grundrecht ein. Da stimmt die Verhältnismäßigkeit nicht. Sie hätte
die Betroffenen intensiver schützen müssen. Das tut sie bei jeder
kleinen Rechtsradikalen-Demo auch. Natürlich wäre das Unglück groß,
wenn tatsächlich etwas passierte. Aber wollen wir wirklich alle schon
zu Hause bleiben, uns nicht mehr politisch für unsere Werte bekennen,
weil es eine Drohung gibt? Mut sieht anders aus. In Paris waren am
vergangenen Sonntag Hunderttausende auf der Straße. Auch dort hätte
sich ein weiterer Anschlag ereignen können. Sie waren trotzdem alle
da. So hat der Terror in Deutschland einen Sieg davongetragen, noch
bevor er wirklich zugeschlagen hat. Man mag sich nicht vorstellen,
was in Deutschland passiert, wenn sich hier etwas ereignet, was mit
den Pariser Taten vergleichbar ist. Besonders bitter: Es besteht die
Gefahr, dass diese Debatte die Islamkritik und -feindlichkeit nur
anheizt und das gesellschaftliche Klima in Deutschland vergiftet. Es
ist nicht ausgeschlossen, dass die Islamgegner dadurch nur noch mehr
Zulauf bekommen, weil sie sich bestätigt fühlen in ihrer Abneigung
und Angst. Da es in einer freien Gesellschaft sowieso keinen
absoluten Schutz geben kann, hätte die Polizei über die Drohungen
informieren, alle möglichen Gegenmaßnahmen ergreifen und die
Veranstaltungen stattfinden lassen sollen.
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