Die Erkenntnis ist nicht neu, dass es übel um 
die Europäische Union steht. In diesen Tagen wird das am 
Ausstiegsentscheid der Briten festgemacht. Wie zerrüttet aber die EU 
wirklich ist, zeigt der Streit schon allein um das Verfahren beim 
CETA-Beschluss. Dabei geht es gar nicht um Inhalte dieses 
weitreichenden Handelsabkommens zwischen Europa und Kanada. Nur 
allein die Frage, ob die nationalen Parlamente ebenfalls abstimmen 
müssen oder ob Brüssel das allein entscheiden kann, entzweit die 
Europäer einmal mehr. Allen Beschwörungen nach dem Brexit zum Trotz, 
dass es der EU gut gehe und Europa sie brauche – das gesamte 
EU-System ist marode, von Zweifeln und gegenseitigem Misstrauen 
zerfressen, in sich instabil, die politischen Verfahren sind 
ungeklärt. Jetzt rächt es sich, dass viele EU-Verträge bis hin zum 
Lissabon-Vertrag in langen Nachtsitzungen zwischen den 
Regierungschefs ausgehandelt wurden, mit Rücksichten auch auf den 
kleinsten Extrawunsch. Viele faule Kompromisse zerfraßen die 
Struktur. Auch wenn vom Lissabon-Vertrag die Rechte des 
Europaparlamentes deutlich gestärkt worden sind, blieben viele 
Menschen in Europa skeptisch. Die Iren, Franzosen und andere lehnten 
in Referenden verschiedene Fassungen ab. Auch in Deutschland gab es 
Zweifel am Verfahren selbst beim Bundesverfassungsgericht. Das zeigt:
Es herrscht eine ablehnende Haltung der Menschen in Europa gegenüber 
der EU vor. Es ist aber zu einfach, in der CETA-Debatte das Ergebnis 
der Abstimmung in Großbritannien damit zu erklären, die Briten 
wollten nur die Bürokratie in Brüssel nicht mehr und verlangten 
transparentere Verfahren, wie es Linke und Grüne machen. Es ging im 
Wahlkampf auf der Insel um Geld und um Zuwanderung, nicht in erster 
Linie um „die da in Brüssel“. Natürlich wird Kommissionspräsident 
Juncker zum Problem in seiner Selbstherrlichkeit. Aber auch beim 
Thema CETA geht es aktuell mehr um Aufgeregtheiten und Dünnhäutigkeit
als um die Sache. Aber sollen wirklich Regionalparlamente in Belgien 
über ein international wichtiges Vertragswerk abstimmen? Das wäre die
Folge, wenn das Verfahren weg von der EU auf die Nationalstaaten 
verlegt würde. Es stehen wichtige Entscheidungen an, auch das 
Abkommen mit den USA (TTIP) zählt dazu. Der Brexit hat dazu geführt, 
dass all das aufgeregt debattiert wird.
Pressekontakt:
Neue Westfälische
News Desk
Telefon: 0521 555 271
nachrichten@neue-westfaelische.de