Ein Minister tritt ab. Einer der engsten
Vertrauten der Kanzlerin will nicht mehr. Man dürfe nicht nur für
den Job leben, 18 Stunden am Tag, sieben Tage in der Woche. Es müsse,
heißt es, auch so etwas wie ein Privatleben geben. Ronald Pofalla
tritt ab. Respekt! 15 Tage später taucht der Ex-Kanzleramtschef
wieder auf. Pofalla soll zur Bahn AG wechseln. In den Vorstand. Ein
neues Ressort wird nur für ihn geschaffen. Er soll sich um
langfristige Unternehmensstrategie kümmern und Kontakte zur Politik
halten, die in Berlin und die bei der EU in Brüssel. Geschätztes
Jahressalär: zwischen 1,3 und 1,8 Millionen Euro. Die Bahn ist in
Staatsbesitz. Das hat Geschmack! Selbstverständlich haben Politiker
das Recht auf Veränderung. Selbstverständlich dürfen Ex-Minister
privatisieren. Und selbstverständlich dürfen Ex-Zuarbeiter einer
Regierungschefin, die viele Opfer für ihren Dienst bringen müssen,
auch an sich, ihr Privatleben und ihre Interessen jenseits von
Politik und Regierung denken. Aber der Wechsel zur Bahn wirft Fragen
auf. Wenn Pofalla es fertigbrächte, alle Züge der Bahn künftig
pünktlich fahren zu lassen, wäre man vielleicht geneigt, seinen
Wechsel von Kritik zu verschonen. Aber das ist aussichtslos. Wenn
Pofalla weniger arbeiten wollte – wie verträgt sich das mit einem
Job, für den er zwischen Berlin und Brüssel pendeln muss? Wenn der
Job weniger anstrengend sein soll, als es der bei der Kanzlerin war –
wieso wird er dann auf der Spitzenebene des Vorstands angesiedelt und
nicht – wie bislang – auf der Beraterebene? Wenn die Bahn zum Teil
privatisiert werden soll – darf dann ein Ex-Minister unmittelbar nach
seinem Ausscheiden ohne Unterbrechung dort neue Aufgaben übernehmen?
Immer wieder suchen Politiker den Weg zu gut dotierten Jobs in der
Wirtschaft. Ex-Kanzler Schröder tat es, Ex-Umweltminister Röttgen
scheiterte damit. Gegen Merkels Ex-Staatsminister von Klaeden, der zu
Daimler wechselte, laufen derzeit Ermittlungen wegen Vorteilsnahme im
Amt. Nun will Pofalla zur Bahn. Die Kanzlerin profitiert von einem
Vertrauten in dem Milliarden-Unternehmen. Für Merkel also mag der
Wechsel in Ordnung sein. Für die Bürger bleibt es ein fragwürdiges
Netzwerken.
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