Neue Westfälische (Bielefeld): KOMMENTAR Generatorschaden am Kernkraftwerk Grohnde Poker um die nukleare Zukunft FELIX EISELE

Drei Jahre nach dem verhängnisvollen
Zwischenfall im japanischen Fukushima ist die Debatte um die
Atomkraft noch immer nicht verstummt. Drei Jahre, die zwar der
Regierung Merkel eine Rücknahme der Laufzeitverlängerung für deutsche
AKWs abtrotzten, ansonsten aber kaum spürbares Umdenken hervorriefen.
Auch nicht beim Kernkraftwerk Grohnde, das nach einem
Generatorschaden nun in den Fokus der Öffentlichkeit rückt. Dabei
wäre der Fall Anlass genug, das Kraftwerk früher als geplant
abzuschalten. Dass eine solche Maßnahme nicht schaden kann, zeigt ein
Blick in die Geschichte. Kaum ein Thema nämlich wurde in den letzten
20 Jahren derart sprunghaft angegangen wie die Kernkraft. Auf die
großen Sorgen nach dem GAU von Tschernobyl folgte das Verlangen nach
günstigem Strom. Erst 14 Jahre später wagte sich die Regierung
Schröder an den Atomausstieg – der dann von Angela Merkel wieder
gekippt wurde. Für ein erneutes Umdenken brauchte es die verheerende
Katastrophe von Fukushima, die uns die menschliche Machtlosigkeit im
Ernstfall, die Unbeherrschbarkeit der nuklearen Technologie und die
desaströsen Folgen für Mensch und Tier so brutal vor Augen führte.
Die Chronik der Ereignisse aber zeigt: Je mehr Zeit ins Land zieht,
desto mehr neigen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft zu einer
Verharmlosung des nuklearen Risikos. Die Akzeptanz wächst mit jedem
Tag, an dem kein Zwischenfall an die Öffentlichkeit dringt. Und im
Zweifel halten auch politische Mehrheiten ihre Fahne in den aktuellen
Wind – und revidieren gefasste Beschlüsse, wenn sie nicht mehr in die
Zeit passen. Vor diesem Hintergrund wirkt es wie ein Pokerspiel, wenn
Eon als Betreiber des Kraftwerks Grohnde lieber Millionen in einen
neuen Generator investiert, als eine direkte Stilllegung in Betracht
zu ziehen. In den sieben Jahren bis zur gesetzlichen Abschaltung
nämlich kann viel geschehen. Gut möglich, dass die Kernkraft wieder
an Attraktivität und politischer Zustimmung gewinnt. Ebenso möglich
ist aber auch eine andere, eine verheerende nukleare Zukunft. Diese
zu verhindern sollte spätestens seit Fukushima unser aller Anliegen
sein. Die vorzeitige Stilllegung Grohndes wäre ein wichtiger Schritt.

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