Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar Griechische Finanzkrise Schuldfragen Knut Pries, Brüssel

Über eines sind sich beim Blick auf Griechenland
hierzulande offenbar alle einig: Bockig sein bei der
Haushaltssanierung und gleichzeitig Forderungen stellen wegen
deutscher Verpflichtungen aus der Nazi-Zeit – das geht gar nicht.
Ganz so einfach ist die Sache indes nicht. Freilich bleibt es eine
politische Dummheit, die beiden Themen so zu verknüpfen, wie
Vertreter der griechischen Regierung das getan haben. Die Bedingungen
für Hilfsgelder sind eine europäische Angelegenheit, die Abgeltung
von Nazi-Schulden betrifft nur das Verhältnis zu Deutschland.
Ausgerechnet den Partner bilateral in die Enge zu treiben, auf dessen
Wohlwollen man im EU-Kontext am dringlichsten angewiesen ist, ist
mehr als ungeschickt. Es ist dilettantisch. Fragt sich nur, was man
auf Seiten des Stärkeren aus diesem Befund macht. Für sich genommen –
abgesehen von der unglückseligen Vermengung mit der Euro-Frage – sind
die griechischen Forderungen mindestens diskutabel, vor allem die
nach Rückzahlung der NS-Zwangsanleihe. Der Berliner Bescheid – wir
geben nichts, wir besprechen nichts, holt es euch vor Gericht! – ist
hochfahrend und schäbig. Zugleich wird damit eine Chance verpasst,
Tsipras aus der Eurozonen-Sackgasse zu helfen, in die er sich
verrannt hat. Sachlich hat das eine mit dem anderen wenig zu tun.
Politisch, psychologisch und moralisch eine Menge.

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