Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar Hackerangriff auf den Bundestag Die digitale Welt ist angeschlagen Dirk-Ulrich Brüggemann

Es war absehbar und eigentlich nur eine Frage
der Zeit: Der Bundestag in Berlin ist Ziel eines Hacker-Angriffs
geworden, und das Ausmaß dieser digitalen Attacke wird von Tag zu Tag
größer. Die IT-Spezialisten des Parlaments müssen zugeben, dass die
Tragweite des Angriffs noch gar nicht richtig ans Tageslicht gekommen
ist. Es ist nicht auszuschließen, dass die Hacker immer noch Zugriff
– vielleicht sogar mit Administratorenrechten – auf das Datennetzwerk
des Bundestages haben und weiterhin munter alles mitlesen und
speichern können, was ihnen auf den Monitor kommt. Für die
Abgeordneten und ihre Büros ist dies eine schlimme Vorstellung.
Spekulationen über die mutmaßlichen Räuber der digitalen Daten gibt
es zuhauf. Da werden die Chinesen genauso wie die Russen des
Cyberangriffs verdächtigt. Oder es steckt ein anderer ausländischer
Geheimdienst dahinter. Oder eine schrille Talkshow präsentiert uns in
einigen Tagen ein paar ausgeflippte Nerds, die sich wundern, wie aus
ihrem vermeintlich harmlosen Spiel eine internationale Krise werden
konnte. Fest steht aber schon heute: Die IT-Experten der
Bundestagsverwaltung tragen eine Mitschuld, dass ihr Datennetzwerk
heute offen wie ein Scheunentor ist. Netzwerksicherheit wird
allerorts gefordert, und daran darf auch nicht gespart werden. Dem
Hacker immer einen Schritt voraus sein wäre die Optimallösung. Dieser
Schritt ist im Bundestag verstolpert worden. Und jetzt wird es noch
teurer. Die Suche nach den Lecks in der digitalen Infrastruktur kann
Millionen verschlingen. Sollte gar ein Neuaufbau der gesamten
Netzarchitektur notwendig sein, bliebe unseren Abgeordneten bis dahin
nur das altbewährte „Adidas-Netz“: Wir schreiben geheime Dokumente
wieder mit der altbewährten Schreibmaschine und tragen sie per Boten
zu Fuß über die Flure von Büro zu Büro. Aber Spaß beiseite: Unsere
Digitalwelt ist angeschlagen.

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