Neue Westfälische (Bielefeld): KOMMENTAR Koalition plant neues Unterhaltsrecht Politik ohne Kompass THOMAS SEIM

Die Bundesregierung plant ein neues
Unterhaltsrecht. In den Entwürfen des entsprechenden Gesetzes ist vom
Gebot einer nachehelichen Solidarität die Rede. Das ist ein
interessanter Begründungszusammenhang für die Neuerung. Bislang
konnte ein Bundesbürger oder eine Bundesbürgerin davon ausgehen, dass
er oder sie finanziell auf die Solidarität des Staates rechnen kann,
wenn er oder sie unerwartet und unverschuldet in materielle
Schwierigkeiten geriet. Das bedeutet derzeit zwar nur Zahlungen nach
Hartz-IV-Regeln und ist ein sehr hartes Brot für jene, die nach
langjährigen Ehen ohne Ausübung eines Berufs mit eigenständiger
Bezahlung rechtskräftig geschieden werden. Aber nun scheint sich der
Staat für Geschiedene gar nicht mehr zuständig fühlen zu wollen. So
recht weiß man nicht, was der gesellschafts- und familienpolitische
Kurs dieser christlich-liberalen Regierung ist. Arbeitsministerin von
der Leyen ist für die Frauenquote, Familienministerin Schröder
dagegen. Ab August 2013 gilt ein Rechtsanspruch auf einen
Kinderbetreuungsplatz, damit auch Mütter eigenen Unterhalt erarbeiten
können. Aber auf Druck aus der CSU und Bayern wird es auch eine so
genannte „Herdprämie“ für Mütter von Kindern geben, die Zuhause
bleiben. Selbstverständlich kann für langjährige Ehepartner ein
Anspruch auf eine Absicherung durch den Ex-Partner angemessen sein.
Schließlich findet man nach 20 Jahren Ehe nicht leicht den Weg zurück
in einen Beruf. Aber das wussten wir schon bei der Reduzierung der
Unterhaltspflichten vor fünf Jahren. Gesellschaftspolitik benötigt
einen Kompass. Sie muss sozusagen auf einem ideellen Fundament ruhen
und aus einem Guss sein. Mehr Politik aus einem Guss – das wünschte
man sich von dieser Regierung. Sie könnte mehr bewirken als dieses
neue Geschwätz von der gebotenen nachehelichen Solidarität.

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