Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar Kohl verteidigt seinen Plan gegen Türken Mitbürger statt Gastarbeiter EIKE J. HORSTMANN

Helmut Kohls Forderung aus dem Jahr 1982, die
Hälfte der in Deutschland lebenden Türken nach Hause zu schicken,
entsprach dem damaligen politischen Zeitgeist. Damals wurden Türken,
Italiener oder Spanier noch mit dem Etikett „Gastarbeiter“ versehen –
und Gäste gehen normalerweise irgendwann wieder. Dass Deutschland ein
Einwanderungsland sein könnte – Anfang der achtziger Jahre war dies
undenkbar. Entsprechend mag es überraschend sein, dass die Äußerungen
jetzt in einem britischen Protokoll auftauchen. Der Inhalt und die
Position Kohls sind es nicht. Immerhin wurde das, was Kohl gegenüber
Thatcher im Oktober 1982 angekündigt hatte, ein Jahr später mit dem
Rückkehrhilfegesetz umgesetzt – mit überschaubarem Effekt. In der
türkischen Community, so der Vorsitzende der Türkischen Gemeinschaft,
Kenan Kolat, sei Anfang der achtziger Jahre über Kohls
Ausländerpolitik gewitzelt worden. Deutschland könne die Hälf-te
seiner Türken am besten loswerden, indem es sie einbürgere. Das in
diesem Scherz enthaltene Körnchen Wahrheit sollte sich als richtig
erweisen. Seit 1982 hat sich in Deutschland viel getan. Aus den
Gastarbeitern sind Mitbürger geworden. Und inzwischen hat sich auch
die Erkenntnis durchgesetzt, dass Einwanderung keine Belastung,
sondern ein Gewinn ist. Und es ist in der Tat ein Fortschritt, dass
Äußerungen wie die von Helmut Kohl heute undenkbar sind.

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